Analyse des Internationalen Währungsfonds

Weltfinanzsystem tief in der Gefahrenzone


Weltfinanzsystem tief in der Gefahrenzone News

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat davor gewarnt, dass sich das Weltfinanzsystem tief in der Gefahrenzone befindet. In seinem Bericht zur Stabilität des Finanzsystems machte der IWF deutlich, dass sich das Risiko eines Zusammenbruchs durch Eurokrise und angeschlagene Banken erhöht habe. "Trotz der intensiven Bemühungen europäischer Politiker hat sich die Situation noch nicht entspannt", sagte der Direktor der Finanzmarktabteilung, José Vinals. Seine größte Sorge ist der dysfunktionale Markt für Staatsanleihen und der ausgetrocknete Interbankenmarkt.

Falls die Banken weiter ihre Bilanzen verkürzen und die Kreditvergabe einschränken, erwartet der IWF einen negativen Niederschlag auf die Realwirtschaft. Vor allem die extremen Ausschläge bei den Renditen auf die Schuldtitel einiger Euroländer seien ein deutliches Zeichen, dass die Bedrohung durch unkontrollierte Staatspleiten bestehe. Allein die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) haben nach IWF-Einschätzung Schlimmeres verhindert. "Die Krise in Europa ist von der Peripherie ins Zentrum vorgedrungen", hieß es im Statement des Währungsfonds.

Mit dem angestrebten Fiskalpakt, strengeren Eigenkapitalvorschriften für Banken und der aktiven EZB-Geldpolitik haben die europäischen Staats-und Regierungschefs nach den Worten von IWF-Direktor Vinals "wichtige Schritte" unternommen. Dennoch bleibe die Eurozone im roten Bereich. Der IWF forderte die Euroländer auf, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. Dafür empfahlen die Experten Reformen und zur Überbrückung Hilfe von außen.

"Der europäische Rettungsschirm EFSF kann jetzt auf dem Markt für Staatsanleihen aktiv werden, auch wenn seine Finanzkraft nicht ausreichend ist", hieß es im IWF-Bericht. Das enorme dreijährige Repo-Geschäft der EZB von Mitte Dezember habe den Stress im Interbankenmarkt deutlich abgeschwächt. Eine Aufstockung des Ausleihvolumens für den ständigen Europäischen Rettungsschirm (ESM) sei "hochgradig wünschenswert". Bis dato bleibt der EZB nach Ansicht der IWF-Experten nichts anders übrig, als diese Lücke zu füllen.

Der Währungsfonds ermahnte auch die USA und Japan, mittelfristig ihre Schuldenberge anzupacken. "Die US-Wirtschaft bleibt anfällig für Schocks aus Europa, weil Handel und Finanzsystem eng miteinander verflochten sind." Die Schwellenländer zeigten sich bisher hingegen widerstandsfähig. Sie kämpften gegenwärtig mit dem Kapitalabzug durch ausländische Investoren. "Die Schwellenländer sollten mit einer antizyklischen Politik dem Abwärtstrend begegnen", sagte IWF-Direktor Vinals. In der Tat verfügten viele aufstrebende Volkswirtschaften über einen Schatz aus Devisenreserven, den sie nach Überzeugung des IWF gegen Kapitalschocks einsetzen sollten.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /24.01.2012 18:32
+++ Wirtschaftsweiser pessimistisch über deutsches Wachstum +++

Wolfgang Franz, Chef der deutschen Wirtschaftsweisen, ist pessimistisch für das deutsche Wachstum im Jahr 2012. "Die Wachstumsrate wird sich in einer Größenordnung von 0,5 Prozent bewegen, was allerdings voraussetzt, dass keine zusätzlichen Risikofaktoren eintreten," sagte Franz in einem Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland. Damit sind seine Erwartungen niedriger als die von Bundesregierung und deutscher Industrie.

Die Bundesregierung hat erst in der vergangenen Woche ein Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent prognostiziert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält sogar ein Wachstum von über 1,0 Prozent für erreichbar. Noch im November hatte auch der Sachverständigenrat zumindest ein Wachstum von 0,9 Prozent vorhergesagt.

Der Rat sei wohl "bezüglich der Rückwirkungen der Konjunkturabschwächung in anderen Ländern auf unsere Exporte" skeptischer als Regierung und BDI, räumte Franz nun ein. Allerdings befürchtet auch er für Deutschland keine Rezession: "Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass wir eine markante Konjunkturabschwächung bekommen, aber von einer Rezession würde ich nach derzeitigem Stand der Dinge nicht reden", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, auch bekannte als Wirtschaftsweise. Er forderte dazu auf, die Rezession nicht herbeizureden.

(Diese Meldung und weitere tiefergehende Berichte und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf WSJ.de, dem neuen deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

Wie die Regierung rechnet auch der Wirtschaftsweise für das Jahr 2012 noch mit einem leichten Rückgang der Zahl der registrierten Arbeitslosen. Dieser werde aber nicht mehr so stark ausfallen wie in den vergangenen Jahren. Er warnte ausdrücklich vor der Einführung flächendeckender Mindestlöhne oder von Lohnuntergrenzen, wie sie inzwischen von der CDU propagiert werden. "Wenn wir Mindestlöhne einführen, dann können wir die Bekämpfung gering qualifizierter Arbeitslosigkeit vergessen."

Die weitere Entwicklung der Schuldenkrise wird nach Einschätzung von Franz entscheidend davon abhängen, wie die Verhandlungen mit Griechenland weiter verlaufen. Er warnte davor, das Land aus der Eurozone zu drängen. "Wer zum jetzigen Zeitpunkt für den Austritt Griechenlands plädiert, nimmt ein Auseinanderbrechen der Währungsunion billigend in Kauf, und das kommt uns sehr, sehr teuer zu stehen," sagte er. Zwar sei ein Verlassen der Eurozone nicht unmöglich, jedoch sei dann "die Gefahr groß, dass die Finanzmärkte das zum Anlass nehmen zu schauen, wer ist der nächste".

Die kurzfristigen Maßnahmen zur Eindämmung der Krise wiesen in die richtige Richtung, allerdings mahnt der Chef der Wirtschaftsweisen konkrete Stabilitäts-Maßnahmen an, die über die kurzfristige Krisenbewältigung hinausgehen. "Wir müssen unterschieden zwischen kurzfristigen Maßnahmen, um aus den Problemen herauszukommen, und Überlegungen zu einer langfristigen Stabilitätsordnung, damit so etwas nie wieder passiert," forderte Franz.

Enttäuscht zeigte er sich von der deutschen Reaktion auf den Vorschlag des Sachverständigenrates für einen Schuldentilgungsfonds. Zwar verwende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für einen entsprechenden Vorschlag denselben Nahmen. Dieser treffe jedoch nicht den notwendigen Inhalt. "In Deutschland sind die Reaktionen von Seiten der Regierung, so weit ich das einschätzen kann, eher verhalten." Anders als von Schäuble bisher angedacht müsse die Tilgung der Schulden über der Marke von 60 Prozent durch einen Aufschlag auf eine nationale Steuer erfolgen. "In Frage kommen da nur die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer," meinte Franz.

In der Diskussion um eine Finanztransaktionssteuer sprach sich der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstitutes ZEW dafür aus, erst die Systemrelevanz von Banken zu verringern, "damit die den Staat und den Steuerzahler nicht wieder in Geiselhaft nehmen können." Dazu soll nach seinen Vorstellungen die Bankenaufsicht internationalisiert werden. "Am liebsten wäre mir eine internationale Bankenaufsicht, aber das kriegen wir wahrscheinlich nicht hin, dann sollten wir es wenigstens im europäischen Rahmen machen," sagte Franz. Danach könne man zum Beispiel eine Finanzaktivitätssteuer anstatt einer Transaktionssteuer ins Auge fassen.
RiskNET Redaktion /25.01.2012 22:56
+++ ifo-Experte erwartet kein Abrutschen deutscher Konjunktur +++

Die deutsche Wirtschaft liefert Anzeichen einer gewissen Erholung, ein Konjunktureinbruch ist derzeit aber nicht zu erwarten. Diese moderat positive Bild zeichnet der Konjunkturexperte des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Abberger, nach dem dritten Anstieg des ifo-Geschäftsklimaindex in Folge.

"Man sieht, dass Deutschland nicht in ein tiefes Tal abgleitet, sondern dabei ist, sich wieder ein bisschen zu erholen", sagte Abberger im Interview mit Dow Jones Newswires. Die Vorzeichen zum Jahresstart seien damit "ganz gut".

Der Rückgang der Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2011 sei als Schwächephase der deutschen Wirtschaft zu sehen. Die Erwartungen der Unternehmen ließen Zuversicht erkennen, die Phase gut durchstehen zu können. Zudem sei Deutschland nicht so tief gestürzt wie andere Länder in Europa.

Wegen der hohen Risiken vor allem aus der Euro-Schuldenkrise sei der Indexanstieg aber noch kein Indiz für eine gesicherte Aufwärtsbewegung im Jahresverlauf. Er belegt aus Sicht von Abberger nur, dass sich die deutsche Wirtschaft "auf einem immer noch sehr, sehr guten Niveau" stabilisiere. "Die Euro-Schuldenkrise schwebt über der ganzen Situation, daher muss man weiter vorsichtig sein."

Als Gründe für die wirtschaftlichen Abkoppelung Deutschlands von vielen anderen europäischen Ländern sieht der ifo-Experte eine starke Binnenwirtschaft und den weiter gut laufenden Export. Zum einen gebe es eine sehr stabile Entwicklung innerhalb Deutschlands, zum anderen liefere der Export weiter Wachstumsbeiträge. "Die deutsche Industrie schafft es trotz der vielen Schwierigkeiten, den Exportmotor aufrecht zu erhalten. Er hat zwar die Drehzahl nach unten gefahren, aber der Export ist weiter eine Stütze", sagte er.

Der Export profitiere von einer wieder positiveren Wirtschaftsentwicklung in den USA, die sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet habe. "Das ist für uns wichtig. Man sieht, dass Asien sich wie erwartet abkühlt. Dafür zieht jetzt die USA etwas stärker an", sagte Abberger. Das große Fragezeichen stelle sich innerhalb Europas, vor allem innerhalb der Eurozone. "Dort muss man sich dafür wappnen, dass noch weitere Rückschläge kommen."

Die Bewältigung der Krise sei noch nicht in trockenen Tüchern - trotz der sich abzeichnenden Einigung des EU-Rates auf einen vorgezogenen permanenten Euro-Rettungsmechanismus ESM und einen Fiskalpakt mit strikten Schulden- und Haushaltsregeln. Die Verständigung auf ESM und Fiskalpakt "ist ein weiterer Schritt, aber nach wie vor gibt es genügend Risiken", sagte Abberger.

In Griechenland seien die Verhandlungen über die private Gläubigerbeteiligung noch immer nicht abgeschlossen. "Danach sieht man, wie die Banken tangiert werden", sagte Abberger. Zudem sei nicht auszuschließen, dass es auch in anderen Ländern zu einer privaten Gläubigerbeteiligung kommen könne. Daher sei bei der Euro-Wechselkursentwicklung im weiteren Jahresverlauf mit einer hohen Volatilität zu rechnen.

Abberger rechnet in nächster Zeit weder mit einer neuen "Liquiditätsspritze" durch die Europäische Zentralbank (EZB) noch mit einem weiteren Zinsschritt. Die EZB habe schon sehr viel getan. "Ich denke, dass dort zunächst abgewartet wird - sowohl was die Zinsseite als auch was die Liquiditätsseite anbelangt -, und dass man die Instrumente, die man ausgepackt hat, erst einmal wirken lässt", sagte er.
Markus /26.01.2012 01:12
"...Seine größte Sorge ist der dysfunktionale Markt für Staatsanleihen und der ausgetrocknete Interbankenmarkt...."

Einfach den Einlagerungszinssatz anheben, dann kommt der Markt schon wieder in Schwung...
RiskNET Redaktion /27.01.2012 13:48
+++ Private Griechenland-Gläubiger nehmen hohe Verluste in Kauf +++

Die Verhandlungen der griechischen Regierung mit den privaten Gläubigern um den Schuldenschnitt gehen weiter. In einem Interview mit ntv in Davos zeigte sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Freitag "zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden." Er wies darauf hin, dass die privaten Gläubiger ein sehr attraktives Angebot gemacht hätten und man "immerhin fast 70 Prozent Verluste" in Kauf nehme. Ackermann ist Chairman des Internationalen Bankenverbandes IIF.

Der Banker deutete außerdem an, dass er auf eine Beteiligung aller Parteien am Schuldenschnitt hofft. Damit spielte er wie Commerzbank-Vorstand Markus Beumer am Vortag darauf an, dass sich auch die öffentlichen Gläubiger wie die Europäische Zentralbank an dem Schuldenschnitt beteiligen sollen. Beumer hatte gefordert, dass beim Schuldenschnitt alle Gläubiger - die privaten Banken und Versicherer sowie die Europäische Zentralbank und andere europäische Staaten als öffentliche Kreditgeber - gleich behandelt werden müssten.

Mit Problemen für die Banken auf Grund weiterer Abschreibungen rechnet Ackermann nicht. Wer heute nach Marktpreisen bewerte, sei ja bereits in diesen Größenordnungen beim Schuldenschnitt. "Da sollten keine zusätzlichen Belastungen auf die Institute zukommen", sagte Ackermann. Lediglich wer die Abschreibungen auf das Portfolio noch nicht in ausreichender Höhe vorgenommen habe, müsse wohl noch mal nachlegen.

Der über den reinen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinausgehende Verlust für die Banken ergibt sich aus den Abschreibungen auf die neuen 30-jährigen Griechenland-Anleihen, in die gut ein Drittel der Hellas-Bonds eingetauscht werden soll. Diese werden wohl mit einem Kupon unter vier Prozent ausgestattet sein. Allerdings wird sich dieser Zins am Markt schnell wieder an die aktuell deutlich höhere Risikorendite anpassen, der Kurs der Anleihen wird fallen.

Institutionelle Investoren müssen deshalb ihre Bestände an griechischen Staatsanleihen auf den Barwert abschreiben. Bei einem vereinbarten Durchschnittszins von vier Prozent dürften das zu einer Gesamtabschreibung von rund 70 Prozent führen. Werden nur drei Prozent Kupon beschlossen, steigt die Abschreibung sogar auf rund 80 Prozent.

Banken, Versicherungen und Hedgefonds halten rund 200 Milliarden Euro an griechischen Staatsschulden. Es wird erwartet, dass sie einem Schuldenschnitt um die Hälfte zustimmen. Die Schuldenlast Griechenlands würde sich dadurch auf 120 von derzeit 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verringern.
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