Nach zwei aufeinander folgenden Jahren, in denen sich die Zahl der Firmeninsolvenzen reduzierte, erwartet Euler Hermes nunmehr aufgrund seiner wirtschaftlichen Prognosen für das Jahr 2012 eine Trendwende, wobei der Globale Insolvenzindex aufgrund der sehr besorgniserregenden Lage im Euroraum im Jahr 2012 um 3 % steigen dürfte.
"Der Rückgang der Firmeninsolvenzen verlor durch den Abschwung der Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr 2011 an Dynamik. Eine Trendwende kann durch die sehr schwachen Wachstumswerte für das erste Quartal 2012 inzwischen als gesichert gelten," sagt Ludovic Subran, Chefvolkswirt bei Euler Hermes. "Die im Jahr 2011 zu verzeichnende globale Abnahme der Firmeninsolvenzen hat sich durch die sehr viel ungünstigere Lage in Europa abgeschwächt. Im Jahr 2012 werden die zunehmend komplexer werdende Schuldenkrise, die Sparmaßnahmen der Euroländer sowie die weitere Verschlechterung der Lage in den südeuropäischen Ländern bei den ohnehin schon geschwächten Unternehmen tiefe Spuren hinterlassen. Eine niedrigere Nachfrage, Finanzierungsengpässe sowie steigende soziale Anforderungen stellen für Unternehmen im gesamten Euroraum zusätzliche Risikofaktoren dar."
2011: Rückgang der Firmeninsolvenzen auf der ganzen Welt mit Ausnahme Europas
Die Ergebnisse für das Jahr 2011 zeigen die großen regionalen Unterschiede bei der Entwicklung des Globalen Insolvenzindexes:
- In Nordamerika wurde 2011 im zweiten Jahr in Folge eine Abnahme der Firmeninsolvenzen (2011: -15 %; 2010; -7 %) verzeichnet, so dass der Durchschnittswert für die letzten beiden Jahrzehnte fast wieder erreicht wurde. Bei einem um 6 % tieferen Indexwert konnte im Raum Asien-Pazifik die Verbesserung der beiden letzten Jahre (2009: -8 %; 2010: -12 %) fortgesetzt werden.
- Ganz anders stellt sich die Lage im Euroraum dar, in dem nach einer geringfügigen Verbesserung im Jahr 2010 (-1 %) eine weitere Zunahme der Firmeninsolvenzen (+7 %) verzeichnet wurde.
"Nach dem Anstieg von 40 % im Insolvenzindex für das Jahr 2009 im Euroraum mag die im Jahr 2011 erfolgte Zunahme vergleichsweise harmlos aussehen. Doch sie spiegelt die besorgniserregende Abkoppelung Europas von dem Rest der Welt sowie die steigenden innereuropäischen Unterschiede zwischen den Nord- und den Südländern einschließlich Irlands wider," konstatierte Maxime Lemerle, Leiter Analyse Gesamtwirtschaft und Firmeninsolvenzen bei Euler Hermes. "Die geringfügige im Jahr 2011 in den nordeuropäischen Ländern erzielte Verbesserung konnte den starken Anstieg der Firmeninsolvenzen des Euroraums in den Jahren 2008 und 2009 noch lange nicht ausgleichen."
Während in den skandinavischen Ländern sowie in Deutschland und Frankreich ein leichter Rückgang der Firmeninsolvenzen im Jahr 2011 zu verzeichnen war, ist der Gesamtanstieg des Indexes im Euroraum auf die die Länder Spanien, Griechenland, Portugal, Italien und Irland zurückzuführen.
"Es überrascht nicht, dass sich die konjunkturellen und fiskalischen Schwierigkeiten der südeuropäischen Länder auf die Firmen recht schnell ausgewirkt haben. In diesen Ländern war das Jahr 2011 ein weiteres schlechtes Jahr, in dem sich eine ohnehin schon schwierige Lage noch weiter verschlechterte. Die Firmeninsolvenzen haben in diesen Ländern bereits einen Rekordstand erreicht, wobei sich für das Jahr 2012 keine Verbesserungen abzeichnet. Es besteht vielmehr ein hohes Ansteckungsrisiko, falls die Schuldenkrise nicht gelöst wird," erklärt Maxime Lemerle weiter.
Voraussichtlicher Anstieg des globalen Insolvenzindexes von 3 % im Jahr 2012
Außer Nordamerika, in dem sich der nach unten gerichtete Trend (-10 %; nach -15 % im Jahr 2011) fortsetzen dürfte, wird sich in allen Regionen die Anzahl der Firmeninsolvenzen voraussichtlich stabilisieren oder erhöhen. Dieses globale Bild kann aber die regionalen Unterschiede nicht überdecken.
Der prognostizierte Indexanstieg von 2 % im Raum Asien-Pazifik spiegelt nicht nur den im Jahr 2012 in dieser Region erwarteten konjunkturellen Abschwung wider sondern ist auch auf einen statistischen Basiseffekt zurückzuführen, denn der regionale Index steigt - ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau im Jahr 2011 - automatisch durch die wachsende Anzahl der neuen Firmengründungen.
Im Euroraum ist zu erwarten, dass der Firmeninsolvenzindex aufgrund der prognostizieren Rezession im Jahr 2012 um 7 % weiter steigt. "Durch den schwächeren Ausblick für die Absatzvolumen wird sich im gesamten Euroraum der Wettbewerbsdruck unvermeidlich intensivieren. Unter diesen Umständen werden Unternehmen, die ihre Kostenposition nicht bereits optimiert haben, kaum in der Lage sein, durch höhere Preise eine Erholung ihrer Geschäfte herbeizuführen," resümiert Maxime Lemerle. "Viele Unternehmen haben bereits jetzt den Anpassungsspielraum voll ausgeschöpft. Die Unmöglichkeit, auf zurückgehende Nachfrage mit Preiserhöhungen zu antworten, geht angesichts der gestiegenen Selektivität der Kreditinstitute mit zunehmenden Finanzierungsengpässen einher, auch wenn steigende Zinsen eher unwahrscheinlich sind."
Der Anstieg des Firmeninsolvenzindexes wird in Nordeuropa (+4 %) voraussichtlich schwächer ausfallen, wobei Deutschland als einziges Land im Jahr 2012 auch weiterhin einen nach unten gerichteten Trend (2009 + 12 % / 2010 -2 % / 2011 -6 % / 2012 –2 %) aufweisen wird. Gerade in den kleinen, sehr offenen Ländern, die von den ausländischen (globalen sowie innereuropäischen) Märkten abhängen, wird sich der Firmeninsolvenzindex voraussichtlich besonders stark erhöhen. Dieses trifft für Belgien (+10 %) und insbesondere auch für die Niederlande (+17 %) zu.
In Frankreich, wo die Anzahl der Firmeninsolvenzen bereits in den ersten Monaten des Jahres 2012 (bis Ende April 21.856 Fälle, +2,6 % gegenüber dem Vorjahr) gestiegen ist, dürfte im Gesamtjahr (+3,5 %) der Anstieg moderat bleiben, obwohl die Jahresgesamtzahl (63.500) in die Nähe der in den Jahren 2009 und 1993 erreichten Höchststände kommen dürfte.
Zu guter Letzt dürften die Firmeninsolvenzen der südeuropäischen Länder (Italien +17 %, Spanien +20 %, Griechenland und Portugal jeweils +25 %), die strenge Sparmaßnahmen ergriffen haben und durch die Verschlechterung der Nachfrage sowie der Finanzierungsbedingungen noch mehr als die anderen Euroraumländer unter Druck stehen, besonders stark steigen.
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