Besonders hohe Bußen für besonders schwarze Schafe

Wenig ausgeprägte Risikokultur


Wenig ausgeprägte Risikokultur: Besonders hohe Bußen für besonders schwarze Schafe Kolumne

Es ist ja ganz klar, dass ein solches, geradezu epochales Ereignis wie unser Weltmeistertitel seine Berücksichtigung auch im Credit Compass finden muss. Auf wunderbare Weise zeigte uns der Erfolg der deutschen Kicker, was Teamgeist zu erreichen vermag. Der Song "Auf uns" von Andreas Bourani, der ganz nebenbei zur musikalischen Entsprechung des diesjährigen WM-Sommermärchens wurde, ist vielleicht auch gerade deswegen so beliebt. Auch da geht nämlich zumindest textlich jeder für jeden durchs Feuer und im Regen steht niemand allein. 

Von hier wäre die Überleitung zu finanzmarktbezogenen Themen wohl ein schwieriges Unterfangen, wäre da nicht die für europäische Verhältnisse rekordverdächtige Strafe von 9 Mrd. US-Dollar, zu der der französische Banken-Champion BNP Paribas von US-amerikanischen Behörden verdonnert wurde. Die Franzosen wittern hier aber nicht nur ein übles Foul, sondern unterstellen den Amerikanern sogar eine neue Dimension der Kriegsführung, nämlich die ökonomische. Auch wenn unsere Nachbarn angesichts der monströsen Strafe nachvollziehbar dünnhäutig reagieren, befinden sie sich doch in Gesellschaft – wenn auch nicht in guter.

Milliardenstrafen für Banken

Vielmehr reihen sie sich in eine recht lange Schlange mehr oder weniger reuiger Sünder, denen die USA im Gegenzug für milliardenschwere Kompensationsleistungen Ablass für ihre Verfehlungen gewährten, ein. So machte auch die amerikanische Citigroup jüngst wieder auf sich aufmerksam, als sich das Institut mit den US-Strafverfolgern auf eine Zahlung von 7 Mrd. US-Dollar für den durch die Verbriefung von faulen Hypothekendarlehen verursachten Schaden einigten. Beanstandet wurden von der US-Behörde vor allem die unzureichenden Kreditvergaberichtlinien, die erst die Verbriefung höchst fragwürdiger Hypotheken und damit verbunden erhebliche Verluste bei internationalen Investoren ermöglichten. 

Die Reaktion auf die Bekanntgabe der erzielten Einigung, gemessen an der Preisveränderung von Aktien und Anleihen des Finanzkonglomerats, fiel an den Kapitalmärkten trotz der enormen Summe der Buße recht verträglich aus. Offensichtlich genossen die kurz zuvor berichteten Quartalsergebnisse der Bank, insbesondere die Erträge aus dem Geschäft mit Renten, Währungen und Rohstoffen (FICC), bei den Investoren mehr Aufmerksamkeit. Denn während die Strafzahlung als einmaliges Ereignis gewertet wird, lassen die vorgelegten Zahlen den Schluss auf ein insgesamt doch noch akzeptables Quartal zu und sind ohne Zweifel von größerer Bedeutung für die zukünftige Ausrichtung des Finanzinstituts. Im Vergleich zu der im Markt zunächst kolportierten Strafe von 10 Mrd. US-Dollar fiel das tatsächliche Verwarnungsgeld dann auch nicht ganz so schlimm wie zunächst befürchtet aus. 

Angesichts der noch im vergangenen Jahr über JPMorgan Chase für ihre Beteiligung am Hypothekenskandal verhängten Strafe von 13 Mrd. US-Dollar hätte der Schaden auch durchaus beträchtlicher sein können. Und die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse verzeichnet ganz aktuell sogar einen Verlust von 700 Mio. CHF im zweiten Quartal, nachdem insgesamt 2,6 Mrd. US-Dollar an die USA als Strafe für Beihilfe zur Steuerhinterziehung überwiesen wurden. Dass dies dem höchsten Quartalsverlust der Credit Suisse seit 2008, dem Höhepunkt der Finanzkrise, entsprach, störte die Aktionäre ebenso nur geringfügig.

Besonders hohe Bußen für besonders schwarze Schafe

Während die Aktionäre der betroffenen Banken nun wiederholt die ihnen zustehenden Gewinne von den strafverfolgenden Behörden abgeschöpft sehen, kann sich der amerikanische Steuerzahler über Zusatzeinkünfte in nennenswerter Höhe freuen. Zwar wird ein Teil der von den USA einkassierten Strafen auch wieder an die Geschädigten wie Kreditkarteninhaber oder Hypothekenkreditnehmer weitergereicht. Bei einer Summe von Strafzahlungen von insgesamt knapp 129 Mrd. US-Dollar seit 2007 bleibt aber auch so genügend für die Staatskasse übrig.

Strafzahlungen von Banken an die USA seit 2007 [Quelle: Financial Times, eigene Berechnungen]

Strafzahlungen von Banken an die USA seit 2007 [Quelle: Financial Times, eigene Berechnungen]

Wenngleich sich da der Gedanke einer vorsätzlichen und planvollen Vermögensumverteilung aufdrängt, zeigt sich doch bei genauerer Betrachtung, dass sich der größte Teil der immensen Summe auf einige wenige Übeltäter verteilt. Die Top 5 der Sünder beanspruchen nämlich mit mehr als 100 Mrd. US-Dollar den Löwenanteil oder etwa fast 80 Prozent des Topfes für sich.

Top 10 Strafzahlungen von Banken an die USA seit 2007 [Quelle: Financial Times, eigene Berechnungen]

Top 10 Strafzahlungen von Banken an die USA seit 2007 [Quelle: Financial Times, eigene Berechnungen]

Auch nach Berechnungen von Morgan Stanley belaufen sich die Bußgelder, die weltweit seit 2009 entweder bereits bezahlt wurden oder für die von den betroffenen Instituten Rücklagen gebildet worden sind, auf insgesamt etwa 210 Mrd. US-Dollar – mit weiteren 75 Mrd. US-Dollar, die noch folgen könnten (siehe auch Morgan Stanley: Wholesale & Investment Bank Blue Paper Revisit. The end of the European flowmonster – Redux. 7. Juli 2014). Trotz der Erleichterung, mit der die Aktionäre regelmäßig auf das Ende der Unsicherheit und die Beilegung juristischer Auseinandersetzungen reagieren, lasteten Strafandrohungen doch spürbar auf den Aktienkursen der Institute.

Aktienkursentwicklung der Banken mit den höchsten Strafzahlungen seit Jahresbeginn [Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen]

Aktienkursentwicklung der Banken mit den höchsten Strafzahlungen seit Jahresbeginn [Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen]

Es zeigt sich, dass von den oben genannten schwarzen Schafen seit Jahresbeginn nur Wells Fargo und SunTrust den amerikanischen Aktienleitindex S&P 500 schlagen konnte. Die beiden sind dazu noch die einzigen Finanzinstitute aus dieser Gruppe, deren Aktien in den vergangenen sieben Monaten überhaupt an Wert gewannen. Am schlimmsten traf es jedoch die Deutsche Bank, deren Aktie seit Januar um knapp 20 Prozent nachgab. Hier vermieste die letzte Kapitalerhöhung den Aktionären zusätzlich die Laune.

Schwerer als die keinesfalls zufriedenstellende Wertentwicklung der Aktien dieser Institute wiegt jedoch aus Sicht von sowohl Aktionären, Anleihegläubiger und Staat – also aller Stakeholder – der Umstand, dass die Mittel für die Stärkung der Kapitalbasis hätten verwenden können. Im Falle der BNP Paribas werden etwa die Anstrengungen der vergangenen drei Jahre zur Verbesserung der Kapitalquote zunichte gemacht. Dabei zielten gerade die kontinuierlich verschärften bankaufsichtlichen Vorgaben und Beschränkungen wie etwa die Einführung des sogenannten Leverage Ratios, bei dem das Kernkapital nicht weniger als 3 Prozent der Nominalwerte der Finanzaktiva ausmachen darf (in der Schweiz und den USA beträgt die Untergrenze 

des Leverage Ratios 4 Prozent), auf eine Stärkung des verlustabsorbierenden Kapitals. Da die Franzosen sich aber nicht die Gunst ihrer Anteilseigner verscherzen wollten, verkündete die Bank bereits, trotz der in der Kasse fehlenden 9 Mrd. US-Dollar an ihrer bisherigen Dividendenpolitik festhalten zu wollen. 

Nun auch BNP Paribas mit CoCos?

Folgerichtig erwarten die Marktteilnehmer, dass nun auch die BNP Paribas in absehbarer Zeit sogenannte Contingent Convertibles (CoCos) emittieren wird, um so ihre Kapitalquote aufzupolieren. Bei derzeitigen Marktbedingungen würden nach unserem Modell auf das Kreditinstitut folgende Kosten zukommen:

Rendite eines CoCos der BNP Paribas mit niedrigem Trigger (z. B. 5 1/8 %) nach dem Assenagon-Modell [Quelle: Eigene Berechnungen, 3: Annahme: Bezug der Aktie im Falle der Wandlung bei 60 % des aktuellen Kurses]

Rendite eines CoCos der BNP Paribas mit niedrigem Trigger (z. B. 5 1/8 %) nach dem Assenagon-Modell [Quelle: Eigene Berechnungen, 3: Annahme: Bezug der Aktie im Falle der Wandlung bei 60 % des aktuellen Kurses]

Naheliegend preist ein CoCo mit niedrigem Trigger eine geringere Eintrittswahrscheinlichkeit für die Erosion der Kapitalquote auf das dem Trigger entsprechende Niveau, dass dann die Wandlung in Aktien bzw. Abschreibung des CoCos auslöst, ein und rentiert daher vergleichsweise niedriger. Da aber beim nahenden Stresstest der Europäischen Zentralbank CoCos nur mit einem Trigger von mindestens 5,5 Prozent berücksichtigt werden, lohnt ein Blick auf die Variante mit höherem Trigger:

Rendite eines CoCos der BNP Paribas mit hohem Trigger (beispielsweise 7 Prozent) nach dem Assenagon-Modell [Quelle: Eigene Berechnungen, 4: Annahme: Bezug der Aktie im Falle der Wandlung bei 60 % des aktuellen Kurses]

Rendite eines CoCos der BNP Paribas mit hohem Trigger (beispielsweise 7 Prozent) nach dem Assenagon-Modell [Quelle: Eigene Berechnungen, 4: Annahme: Bezug der Aktie im Falle der Wandlung bei 60 % des aktuellen Kurses]

Dabei fällt auf, dass ein CoCo mit hohem Trigger, Vollabschreibung und längerer Laufzeit die Bank recht teuer zu stehen kommen kann. Günstiger wird es, wenn die Umwandlung in Aktien gewählt wird. Hier allerdings müssen die Aktionäre mit einer Verwässerung ihres Stimmrechts und Dividendenanteils rechnen, sollte es zum Trigger-Ereignis kommen. In gewisser Weise macht die Rendite dieser Kapitalinstrumente die eigentlichen Kosten des Versagens der Risikokultur der Bank transparent.

Erfolgsfaktor Risikokultur

Aus Investorensicht liegt in dem zu Tage getretenen, mangelnden Risikobewusstsein das eigentliche Problem. Denn dass überhaupt eine Strafe zu zahlen ist, liegt daran, dass die Bank gegen Sanktionen der USA gegen den Sudan, Iran und Kuba verstieß. Zwar handelte das Finanzinstitut in Einklang mit heimischem oder europäischem Recht, das keine solchen Einschränkungen vorsah. Da jedoch die beanstandeten Transaktionen auf US-Dollar lauteten, fand US-Recht Anwendung. 

Die Empörung französischer Offizieller bei der Bekanntgabe der Strafe, zu der die BNP Paribas von den amerikanischen Behörden verdonnert wurde, hätte daher kaum dramatischer ausfallen können. Zu Unrecht, wie ich meine. Denn ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein erschreckendes Maß an Leichtfertigkeit bei der französischen Großbank. Nach Angaben der Financial Times unterzeichneten Manager des Instituts auf Betreiben der amerikanischen Aufsicht bereits 2004 ein Memorandum zur Verbesserung der internen Richtlinien und Aufsicht, nachdem gravierende Mängel bei der Überwachung von bestimmten Finanztransaktionen offenkundig wurden. Mehr noch, es zeigt sich ein Bild, in dem das Top-Management willentlich und wissentlich gegen sowohl behördliche Auflagen als auch interne Vorgaben noch bis 2012 verstieß (sieh auch: Financial Times: "US punishment of foreign banks' sins could backfire", 7. Juli 2014).

Dabei handelte es sich nicht um Ausnahmefälle: Noch 2006 verfügte die Schweizer Tochter der BNP über Einlagen der sudanesischen Staatsbank mit einem Volumen von nahezu der Hälfte der Fremdwährungsreserven des afrikanischen Landes. Die von BNP zugunsten des Sudan ausgestellten Letter of Credit machten etwa ein Viertel der Exporte und ein Fünftel der Importe des Landes aus (siehe auch Financial Times: "BNP fine sparks calls for cultural change", 2. Juli 2014). Das US-amerikanische Justizministerium wies zudem daraufhin, dass die fehlende Bereitschaft der BNP Paribas, den Untersuchungsbehörden wichtige und weiterführende Unterlagen zu überlassen, eine Anklage gegen involvierte Mitarbeiter der Bank verhinderte. 

Zwar mussten seitdem einige Schlüsselfiguren ihren Hut nehmen oder, wie im Falle des Chief Operating Officer Georges Chodron de Courcel, eher komfortabel in Rente gehen. Selbst wenn es keinen offensichtlichen Zusammenhang zwischen Verstoß und Höhe der Ahndung zu geben scheint und den USA auch kein messbarer finanzieller Schaden entstanden ist, so gibt die in der Vergangenheit offensichtlich wenig ausgeprägte Risikokultur der Bank Anlass zur Sorge. Um das Vertrauen der Anleger wieder zu gewinnen, ist daher nun ein Höchstmaß an Transparenz und Kommunikation notwendig.

Aufgrund ihrer Funktion als Finanzintermediäre sind Banken auf eine fortlaufende und ausreichende Versorgung mit Liquidität angewiesen. Zweifel an der Solidität, die oftmals bei Anzeichen einer unterentwickelten Risikokultur oder unzureichenden Corporate Governance wachsen, können für Kreditinstitute daher schnell zum Stolperstein werden (ein hervorragendes Werk zur Bedeutung der Risikokultur und ihrer Entwicklung ist Erik Banks: Risk Culture. A Practical Guide to Building and Strengthening the Fabric of Risk Management, Palgrave Macmillan, September 2012). Zumeist dauert es bei Banken im Gegensatz zu Industrieunternehmen von den ersten Warnsignalen bis zum Kollaps nur wenige Wochen.

Aktienkursentwicklung insolventer oder geretteter Finanzinstitute 250 Arbeitstage vor Ausfall bzw. Übernahme [Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen]

Aktienkursentwicklung insolventer oder geretteter Finanzinstitute 250 Arbeitstage vor Ausfall bzw. Übernahme [Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen]

Da sich ein solcher Verfall oftmals sogar noch innerhalb der zwischen zwei Quartalsberichten liegenden Zeitspanne abspielt und aktuellere Daten über die Liquiditätssituation einer angeschlagenen Bank regelmäßig nicht zur Verfügung stehen, greift eine ausschließlich auf Fundamentaldaten basierende Risikoeinschätzung eines Finanzinstituts zu kurz. Auch aus diesem Grund sind die Ratings der etablierten Agenturen für Kreditinstitute rundweg in Frage zu stellen und bieten wenig Sicherheit bei der Auswahl eines Investments.

Banco Espirito Santo unter Druck

Als aktuelles Beispiel mit erheblicher Brisanz mag die zweitgrößte portugiesische Bank Banco Espirito Santo, deren Aktienkurs seit April um bis zu 70 Prozent nachgab, dienen. Ausschlaggebend hierfür waren im Verkaufsprospekt der Eigenkapitalerhöhung der Bank enthaltene Hinweise auf ernsthafte finanzielle Probleme bei der Holding-Gesellschaft Espirito Santo Financial Group, die einen Anteil von jetzt noch 20,1 Prozent an der Bank hält. Auch die erst im November 2013 begebene Nachranganleihe mit einer 10-jährigen Laufzeit und 7,125 Prozent Kupon konnte sich der Entwicklung nicht entziehen und fiel um etwa 40 Prozentpunkte auf ein Tief von 75 Euro, von dem sich das Papier in den vergangenen Tagen etwas erholen konnte. 

Dabei war ausgerechnet die genannte Eigenkapitalemission der Banco Espirito Santo Anlass für Standard & Poor's, noch Ende Mai den negativen Ausblick des BB- Emittenten-Ratings auf einen nunmehr stabilen bei gleichzeitiger Bestätigung des Ratings zu verbessern (siehe auch: S&P: "Portugal-Based Banco Espirito Santo Outlook Revised to Stable On Rights Issue; "BB-/B" Ratings affirmed"). Nur kurze Zeit später, am 1. Juli wurde daraus wieder ein negativer Ausblick bei erneuter Bestätigung des BB-Emittenten-Ratings (siehe auch: S&P: "Portugal-Based Banco Espirito Santo Outlook Revised to Negative; "BB-/B" Ratings affirmed.", 1. Juli 2014). Als sich die Sache dann weiter zuspitzte, stufte S&P die Bank nur zehn Tage später auf B+ mit "CreditWatch Negative" herab (siehe auch: S&P: "Portugal-Based Banco Espirito Santo Long-Term Rating Lowered To "B+" And Placed On CreditWatch Negative.", 11. Juli 2014). Weitere fünf Tage später war die Bank von S&P dann nur noch mit B- und immer noch "CreditWatch Negative" benotet (siehe auch: S&P: "BESI Brasil Downgraded to "B-/C" from "B+/B", Long Term Rating Still On Watch Negative On Similiar Action on Parents", 21. Juli 2014). Die Nachranganleihen sind jetzt nur noch ein C wert, was einem nahezu unvermeidlichen Ausfall entspricht.

Für Anleger mit Rating-Restriktionen löst dies gegebenenfalls einen Zwangsverkauf mit entsprechend negativen Folgen für den weiteren Kursverlauf der Anleihe aus. Die zeitlich immer schneller aufeinander folgenden Rating-Herabstufungen durch S&P sind jedoch kein Einzelfall. Auch der andere Duopolist, Moody's, bestätigte noch Ende Mai das vergebene Ba3-Rating (siehe auch: Moody's: "Moody's affirms debt and deposit ratings of 7 Portuguese banks further to sovereign upgrade", 26. Mai 2014), nur um vier Wochen später bereits die Möglichkeit einer Herabstufung anzukündigen (siehe auch: Moody's: "Moody's reviews Banco Espritio Santo's Ba3 rating for downgrade", 26. Juni 2014) und dann zwei Wochen später das Rating um zwei Stufen auf B2 zu reduzieren (siehe auch: Moody's: "Moody's downgrades Banco Espritio Santo's debt rating to B3, deposit ratings to B2; ratings remain on review for downgrade", 11. Juli 2014). 

Qualitative Merkmale berücksichtigen

Die beschriebene Entwicklung lässt zwei Rückschlüsse zu. Zum Einen ist ein externes Rating nur bedingt hilfreich bei einer Investmententscheidung bei Finanzinstituten und hat zudem die unvorteilhafte Eigenschaft, der Abwärtsspirale einer Bank zu folgen und diese tendenziell noch zu verstärken. Gleichzeitig ist einzuwenden, dass die Systematik der Bonitätsbewertung von Finanz-instituten durch Rating-Agenturen methodisch durchaus nachvollziehbar ist. Ein überwiegend auf Fundamentaldaten basierendes Rating, die vor allem auf Kapitalausstattung und Kreditportfolioqualitätskennzahlen abstellt, greift aber bei Finanzinstituten zu kurz. 

Beispielsweise liegt nach Angaben der Banco Espirito Santo die Kernkapitalquote bei kaum zu bemängelnden 10,2 Prozent . Die Berücksichtigung von Signalen, die aus Marktpreisen wie den Spreads von Kreditderivaten, Anleihen und Aktienkursen generiert werden können, ist für Investoren daher unerlässlich. Von oftmals übergeordneter Bedeutung sind aber Ereignisrisiken wie Rechts- und Bilanzierungsrisiken, Ergebnisvolatilität und -überraschungen sowie Stakeholder-Orientierung und auch Corporate Governance

Letztere wurde der Banco Espirito Santo nun beinahe zum Verhängnis. Und auch die spanische Bank Banco Popolar Espanol musste unlängst die Emission ihres zweiten CoCos abbrechen, nachdem sich nicht genügend Anlegerinteresse fand. Für Investorentreffen, wie sie sowohl der Komplexität des Instruments als auch der Erläuterungsbedürftigkeit der Aktiva der Bank angemessen wären, wollte sich das Management aber die Zeit nicht nehmen. 

Letztlich wären wohl auch die pompösen Strafzahlungen einiger Kreditinstitute vermeidbar gewesen, hätte das Top-Management der Risikokultur die ihr zustehende Beachtung geschenkt. Ob es sich hierbei nur um vergangene Verfehlungen handelt oder auch aktuell Versäumnisse zu beklagen sind, wird zweifelsfrei für den Investmenterfolg bei Bankanleihen und -aktien eine erhebliche Rolle spielen. 

Zu wünschen ist natürlich, dass Andreas Bourani auch hier recht behält: "Ein Hoch auf das, was vor uns liegt. Dass es das Beste für uns gibt."

Autor:

Michael Hünseler, Geschäftsführer der Assenagon Asset Management S.A.

[ Bildquelle Titelbild: © fotografaw - Fotolia.com ]
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