Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in der Europäischen Union plus Schweiz und Norwegen verzeichnet erstmals seit vier Jahren eine rückläufige Entwicklung um zwei Prozent auf insgesamt 147.239 betroffene Betriebe. Im Jahr zuvor waren noch knapp über 150.000 (150.312) Insolvenzen zu beklagen.
Österreich vorne im Pleitenranking
Sechs der betrachteten 17 westeuropäischen Länder weisen nach wie vor einen Anstieg der Insolvenzen auf. Am stärksten nahmen die Unternehmenskonkurse in Österreich zu. Um 15,3 Prozent auf insgesamt 7.299 Fälle stieg das Insolvenzaufkommen in der Alpenrepublik. Betroffen davon sind rund 25.000 Arbeitnehmer.
Insolvenzzuwächse im zweistelligen Bereich meldet auch Griechenland: Um 10,9 Prozent auf insgesamt 640 Fälle stieg das Konkursaufkommen im Jahresverlauf. Steigende Unternehmensinsolvenzen verzeichnen weiter die Länder Portugal (plus 5,7 Prozent auf insgesamt 3.300 Konkurse), Frankreich (plus 5,1 Prozent auf 42.874 Konkurse) sowie Italien (plus 2,8 Prozent auf 11.000 Konkurse) und Luxemburg (plus 0,5 Prozent auf 668 Konkurse).
Deutlichster Rückgang bei den Insolvenzen: Irland
Den deutlichsten Rückgang meldet Irland: Die grüne Insel konnte ihr Insolvenzaufkommen um 21,5 Prozent auf aktuell 252 Fälle reduzieren – das sind nur knapp mehr als die Stadt Mülheim an der Ruhr aufzuweisen hat (240 Insolvenzen in 2005). Auf Platz zwei und drei der Länder mit den höchsten Rückgängen liegen Großbritannien (minus 19,3 Prozent auf 10.344 Insolvenzen) und Norwegen minus (14,5 Prozent auf 2.293 Insolvenzen).
Das größte Aufkommen an Unternehmensinsolvenzen absolut betrachtet weist – bereits das zweite Jahr in Folge – Frankreich auf: 42.874 Konkurse wurden im Jahr 2005 gezählt, was einer Zunahme von 5,1 Prozent entspricht.
Die größte relative Insolvenzbetroffenheit (die man erhält, setzt man die Zahl der Insolvenzen in Bezug zur Zahl der existierenden Betriebe eines Landes) weist ebenfalls Österreich auf: Im Jahr 2005 mussten 288 von 10.000 Unternehmen den Gang zum Konkursrichter antreten. Im gesamteuropäischen Schnitt sind es 77 pro zehntausend Unternehmen. Deutschland liegt mit 130 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen im unteren Mittelfeld.
Privatinsolvenzen nehmen deutlich zu
Die Zahl der Privatinsolvenzen, die für die Länder Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Österreich, die Schweiz und Schweden erhoben wurde, stieg im Jahresverlauf kräftig um 25,8 Prozent auf 180.000 betroffene Personen an (Vorjahr: 143.067). Zuwächse verzeichnen insbesondere die Länder Großbritannien (um 34,2 Prozent auf 64.556 Anträge, die Niederlande (um 26,8 Prozent auf 3.311 Anträge) und Deutschland (um 24,6 Prozent auf 98.400 Anträge). Eine rückläufige Insolvenzentwicklung bei den Privatpersonen zeigen lediglich die Länder Norwegen (minus 4,6 Prozent auf 1.540 Anträge) und die Schweiz (minus 4,3 Prozent auf 5.469 Anträge).
In Deutschland sind die Unternehmensinsolvenzen bereits das zweite Jahr in Folge zurückgegangen: 37.900 Betriebe mussten im Jahr 2005 Insolvenz anmelden – das sind 3,5 Prozent oder 1.370 Unternehmen weniger als noch im Jahr zuvor. Insgesamt allerdings steigen die Insolvenzen auf ein All-time-high von 136.300 Fällen von Unternehmens- und Privatpleiten sowie überschuldeter Nachlässe an. 66.400 Verbraucher sind betroffen, was einem Anstieg von 35,2 Prozent im Jahresverlauf entspricht. Die Zuwächse bei den sonstigen Insolvenzen – also ehemals selbstständig Tätige, überschuldete Nachlässe sowie Vereine und Stiftungen – fallen dagegen mit 7,1 Prozent auf 32.000 Konkurse vergleichsweise moderat aus.
1,5 Mio. Arbeitnehmer sind von Insolvenzen betroffen
Die Zahl der Beschäftigten in den EU-17 Staaten, denen ein Jobverlust droht, weil ihr Arbeitgeber Insolvenz anmelden musste, sank – parallel zur Entwicklung der Unternehmenskonkurse – um 100.000 Beschäftigte auf 1,5 Millionen betroffene Arbeitnehmer ab. Den größten Anteil am Insolvenzgeschehen trägt der Dienstleistungssektor: 39,2 Prozent aller Insolvenzen in Europa kommen aus diesem Hauptwirtschaftsbereich (Vorjahr: 44,7 Prozent). Jedes fünfte insolvente Unternehmen kommt aus der Baubranche (2005: 19,8 Prozent; 2004: 18,6 Prozent), und auf den Handel entfallen 31,6 Prozent (Vorjahr: 26,5 Prozent). Das Verarbeitende Gewerbe spielt dagegen nur eine untergeordnete Rolle, wenn es um Insolvenzen geht: Nur jeder zehnte Unternehmenskonkurs (9,5 Prozent; Vorjahr: 10,2 Prozent) gehört dieser Branche an.
EU-Beitrittskandidaten: Leichte Rückgänge
Die Unternehmenskonkurse in den neuen Mitgliedsländern der EU werden bereits zum dritten Mal in Folge publiziert. Zu beachten ist jedoch, dass der Aussagegehalt der genannten Zahlen noch nicht mit denen in Westeuropa verglichen werden kann. Insgesamt ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in den neuen osteuropäischen Mitgliedsländern der Europäischen Union leicht um 1,2 Prozent rückläufig und beträgt zum Jahresende 2005 18.293 Fälle (Vorjahr: 18.518). Den größten Rückgang bei den Konkursen verzeichnen die Länder Lettland (minus 34,5 Prozent auf 521 betroffene Unternehmen) und Polen (minus 30,4 Prozent auf 798 betroffene Firmen). Zugenommen haben hingegen die Pleiten in Litauen (um 8,3 Prozent auf 767 betroffene Unternehmen und Slowenien (um 7,0 Prozent auf insgesamt 1.800 Insolvenzen).
Die Insolvenzen in Japan weisen mit minus 28,1 Prozent deutlich rückläufige Tendenzen auf – knapp 10.000 Unternehmen (9.942) traten im vergangenen Jahr den Gang zum Insolvenzgericht an – 2004 waren es noch 13.837. In den USA verzeichnen sowohl die Unternehmens- als auch die Privatpersoneninsolvenzen Zuwächse: 35.033 insolvente Betriebe entsprechen einem Anstieg um 2,1 Prozent. Ungleich stärker legten die Insolvenzen von Privatpersonen zu: 1.885.872 Fälle von privatem Bankrott entsprechen einem Anstieg von 18,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.