Deutsche Haushalte und Unternehmen würden nach Berechnungen der Allianz im europäischen Vergleich am wenigsten unter einem Anstieg der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) leiden. Am stärksten betroffen wären einer aktuellen Studie zufolge portugiesische Haushalte sowie italienische und französische Unternehmen.
"Steigende Zinsen stellen für den Privatsektor in der Eurozone in Summe keine Gefahr dar. Auch bei einem deutlichen Zinsanstieg wird die relative Zinslast viele Jahre unter dem Vorkrisenniveau bleiben", fasst die Allianz die Ergebnisse ihrer Untersuchung zusammen. Die Allianz leidet besonders stark unter den anhaltend niedrigen Zinsen und fordert seit längerem eine Normalisierung der Geldpolitik.
Im wahrscheinlichsten Szenario - die Allianz unterstellt eine Anstieg des Leitzinses ab 2019 auf 2 Prozent bis 2022 - werden die jährlichen Zinszahlungen der Privaten im Euroraum um 160 Milliarden Euro steigen - nach einer Entlastung von nahezu 200 Milliarden Euro in den Jahren der extremen Niedrigzinsen.
Private deutsche Zinslast könnte 2022 bei 3,1 Prozent des BIP liegen
Im Falle des oben beschriebenen moderaten Zinsanstiegs würde sich die Zinslast der portugiesischen Haushalte und Unternehmen laut Allianz 2022 auf 4,7 (2016: 3,3) Prozent erhöhen. Im Falle Italiens käme es zu einem Anstieg auf 4,1 (3,29) Prozent, Frankreichs Zinslast würde auf 3,8 (3,0), Spaniens auf 3,6 (2,7) Prozent und Deutschlands auf 3,1 (2,6) Prozent.
Die Allianz weist darauf hin, dass der Privatsektor im Gegensatz zu den Staaten die vergangenen Jahre dazu genutzt hat, seine Schuldenlast zu reduzieren. "Gemessen an der Wirtschaftsleistung sind die privaten Schulden im Euroraum seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2009 immerhin um 16 Prozentpunkte zurückgegangen", heißt es in dem Papier.
Zusammen mit dem dramatischen Fall der Zinsen habe dies zu einer kräftigen Reduzierung der Zinszahlungen geführt. Die Schuldendienstquote (Zinszahlungen in Prozent des BIP) sei um 3,4 Prozentpunkte auf nur noch 3,0 Prozent zurückgegangen. "Damit lag sie auch deutlich unter den Werten der Vorkrisenjahre (etwa 5 Prozent und höher)."
Privatsektor sparte 2008 bis 2016 rund 1.550 Milliarden Euro Zinsen
Die jährlichen Zinszahlungen gingen zwischen 2008 und 2016 um rund 300 Milliarden Euro zurück. In kumulativer Rechnung sparte der Privatsektor laut Allianz etwa 1.550 Milliarden Euro in dieser Zeit.
Am stärksten profitierten dabei die privaten Schuldner in den Krisenländern, neben Irland vor allem in Spanien und Portugal, wo die Schuldendienstquote um rund 7 Prozentpunkte fiel. In den Euro-Kernländern, in Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Belgien, waren die Zinserleichterungen dagegen nicht so ausgeprägt, mit im Schnitt 2,3 Prozentpunkte aber immer noch substanziell.