Frühindikatoren geben Anfang November widersprüchliche Signale zur weiteren Konjunkturentwicklung in Deutschland. Während der per Umfrage unter Investoren ermittelte sentix-Index eine konjunkturelle Wende zum Besseren andeutete, prognostiziert die Commerzbank auf Basis ihres eigenen Frühindikators Early Byrd eine Eintrübung. Wer Recht hat, könnte am 24. November der ifo-Index zeigen. Zuvor werden am Freitag BIP-Daten für dritten Quartal zeigen, von welcher Basis aus die deutsche Wirtschaft ins nächste halbe Jahr startet.
Die Stimmung ist besser als die Lage - so ließe sich derzeit die Datenlage in Deutschland zusammenfassen. Während ifo-Geschäftsklima und Einkaufsmanagerindizes der Wachstumsabschwächung in den Schwellenländern mehr oder weniger trotzen, waren die harten Konjunkturdaten zuletzt schwach: Die Industrieproduktion sank im September entgegen den Erwartungen und ist auch im gesamten dritten Quartal nicht gestiegen. Die Auftragseingänge sanken zum dritten Mal hintereinander.
Viele Volkswirte haben vor diesem Hintergrund ihre Prognosen für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal (Veröffentlichung Freitag 8.00 Uhr) noch einmal zurückgenommen. Die von Dow Jones Newswires ermittelte Konsensprognose beträgt plus 0,3 Prozent. Im zweiten Jahresviertel war das BIP noch um 0,4 Prozent gestiegen und im ersten um 0,7 Prozent. Hatten ifo & Co also Unrecht?
Genau das nimmt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen an. "Unser Early Bird ist seit Anfang des Jahres recht deutlich gefallen, das Umfeld für die Konjunktur in Deutschland ist also nicht mehr so günstig wie damals", sagt er. Ausschlaggebend hierfür waren der wieder etwas stärkere Euro und ein schlechteres weltwirtschaftliches Umfeld. Im Oktober allerdings ist der Early Byrd leicht gestiegen, zum ersten Mal seit Mai.
Die Commerzbank berechnet den Early Byrd aus dem Niveau und der Veränderung des kurzfristigen Realzinses, den Einkaufsmanagerindizes der USA, des Euroraums (ohne Deutschland) und Chinas, sowie aus dem realen effektiven Wechselkurs Deutschlands.
Belastet wurde der Indikator in diesem Jahr laut Solveen vor allem durch den etwas stärkeren Euro und einem schlechteren weltwirtschaftlichen Umfeld. "In der Vergangenheit haben die Stimmungsindikatoren hierauf mit einer Verzögerung von einigen Monaten reagiert. Darum rechnen wir weiterhin damit, dass der Ifo nach dem leichten Rücksetzer im Oktober in den kommenden Monaten im Trend weiter fallen wird", kalkuliert Solveen.
Das Beratungsunternehmen sentix dagegen betrachtet die Lage als viel rosiger. sentix verarbeitet die Finanzmarkt- und Aktivitätsdaten nichts selbst, sondern überlässt die Datenverarbeitung gewissermaßen der "Weisheit der Vielen", den über 1.000 Investoren, die einmal im Monat befragt werden.
Ergebnis: Im November verbessern sich die Konjunkturperspektiven für alle bedeutenden Regionen. Ausgangspunkt ist die Wende der Konjunkturerwartungen in der Region "Asien ohne Japan", die maßgeblich von der chinesischen Wirtschaft geprägt werden. Um 10,3 Punkte kann sich hier der Gesamtindex verbessern. "Das wirkt wie ein Jungbrunnen auf die globalen Konjunkturerwartungen", sagte sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner.
Laut sentix stieg der deutsche Konjunkturindex im November auf 20,1 Punkte von 17,8 im Vormonat. Das war der erste Anstieg seit März dieses Jahres. Der Index der Lagebeurteilung erhöhte sich auf 36,4 (Vormonat: 25,1) Punkte und der Index der Konjunkturerwartungen auf 5,0 (1,8) Punkte. Der Konjunkturindex des Euroraums kletterte auf 15,1 (11,7) Punkte, wobei die Lagebeurteilung auf 16,0 (13,0) zulegte und der Index der Erwartungen auf 14,3 (10,5) Punkte.
Die Frage ist, wie schnell sich das in anderen Indikatoren zeigt. Hübner will nicht rundheraus einen Anstieg des ifo-Geschäftsklimas im November prognostizieren, da der ifo-Index in den vergangenen Monaten schon "vorgelaufen" sei.
Er sagt aber auch: "Eigentlich hätten die ifo-Erwartungen dann im Vormonat fallen müssen, vor allem wegen Volkswagen. Unser Index sagt nun aber, dass die Anleger es so wahrnehmen, dass sich in der Weltwirtschaft etwas tut." Das Rennen beim ifo sei demgemäß "offen".
Zumindest in den vergangenen vier Monaten hat der ifo konstant positiv überrascht: Zwischen Juli und September stieg er, obwohl Volkswirte für jeden einzelnen Monat einen Rückgang prognostiziert hatten, und im Oktober ging er viel weniger stark als erwartet zurück.