Sämtliche international relevanten Zentralbanken, wie die US-Notenbank Fed oder die Europäische Zentralbank (EZB), zielen mit ihren geldpolitischen Maßnahmen darauf ab, dass sich die Inflation bei etwa zwei Prozent einpendelt. Diese Schwelle erachten sie als zielführend, um die langfristige Geldwertstabilität zu sichern und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Gleichzeitig beschreibt die Inflation den Kaufkraftverlust, von dem eine Währung betroffen ist. Für Konsumenten ist das vor allem dann ein Thema, wenn die Einkommen nicht in demselben Ausmaß steigen, wie die Preise von Gütern und Dienstleistungen – sie bekommen dann weniger für ihr Geld. Wie wirkt sich das Phänomen auf Währungen, Kaufkraft und Anlageklassen aus?
Während in der Vergangenheit häufig zu hohe Inflationsraten im Fokus standen, kämpfen seit der Finanzkrise viele Zentralbanken mit einer zu geringen Inflation. Eine Deflation, den anhaltenden Rückgang der Preise, versuchen sie mit allen Mitteln zu verhindern, da sie ein echtes Problem für das Wirtschaftswachstum darstellen würde. Um die Inflation in den gewünschten Bereich von rund zwei Prozent zu bringen, haben die wichtigsten Zentralbanken das Finanzsystem seit 2008 mit Geld geflutet.
"Insgesamt haben die Fed, die EZB, die Bank of Japan sowie die Bank of England ihre Bilanzen mit Wertpapierkäufen in der Höhe von über elf Billionen US-Dollar erweitert. Die Bilanzsummen dieser Zentralbanken haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast vervierfacht", erklärt Christian Nemeth (Foto unten), Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG und ergänzt: "Während die Fed ihr Ziel nachhaltig erreicht haben dürfte, ist die EZB noch ein Stück weit davon entfernt und hat sich noch immer nicht von ihrer expansiven Geldpolitik verabschiedet. Zwar möchte sie ihr Anleihekaufprogramm mit Ende 2018 stoppen, mit einer Erhöhung der Leitzinsen ist aber nicht vor dem Sommer 2019 zu rechnen."
Christian Nemeth, Chief Investment Officer und Vorstandsmitglied der Zürcher Kantonalbank Österreich AG
Währungen: kurzfristige Profiteure, langfristige Verlierer
In einem Umfeld, in dem die Inflationsraten tendenziell eher zu niedrig als zu hoch sind, gewinnen Währungen an Wert, wenn die Raten die Erwartungen übertreffen. Eine höhere Inflationsrate wird in diesem Umfeld als Anzeichen anziehender Wirtschaft interpretiert. In so einem positiven Szenario haben Investitionen bessere Erfolgschancen, was wiederum die Währung attraktiver macht. "Steigt die Teuerung in Richtung des Inflationsziels, reagieren Notenbanken meist mit einer Zinserhöhung. Höhere Zinsen machen die Währung wiederum attraktiver für Anleger, wodurch ihr Wert steigt", so Nemeth. Allerdings kann die Stimmung auch kippen – mit der Zeit werden Währungen durch Inflation belastet. Ganz besonders betrifft dies Währungen von Ländern mit Inflationsraten jenseits der zehn Prozent. "Beispiele der jüngeren Vergangenheit dafür sind Argentinien oder die Türkei. Die Abwertung der Währung erfolgt nicht laufend, sondern in Wellen. Wenn das Vertrauen internationaler Investoren verloren geht, ziehen sie ihr Geld ab und es geht mit der Abwertung sehr schnell. Die türkische Lira hat etwa innerhalb von nur drei Monaten fast 20 Prozent eingebüßt, der argentinische Peso hat seit Ende April mehr als 25 Prozent seines Wertes verloren", berichtet Nemeth.
Inflation darf Kaufkraft nicht gefährden
In den meisten wichtigen Volkswirtschaften muss man sich aktuell jedoch noch keine Sorgen über zu hohe Inflationsraten machen. Für gesundes Wirtschaftswachstum braucht es zudem ein gewisses Maß an Inflation. "Die Schwelle von zwei Prozent als Zielwert macht durchaus Sinn. Etwas Inflation fördert den Wettbewerb, die Innovationskraft und die Produktivität, somit trennt sich die unternehmerische Spreu vom Weizen", erklärt Nemeth. Grund dafür sind die erschwerten Refinanzierungsbedingungen, also etwa höhere Zinsen auf Unternehmenskredite. Neben dem Wirtschaftswachstum gilt es, so der Experte der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, stets auch die Kaufkraft der Konsumenten im Auge zu behalten. Schließlich muss sich die Bevölkerung die erzeugten Güter und angebotenen Dienstleistungen auch leisten können. "Gerade Deutschland hat hier in den vergangenen Jahren durchaus an der Lohnschraube gedreht. Wirtschaftliche Vorteile der Unternehmen wurden auch durch Zurückhaltung bei den Löhnen erkauft. In Österreich sieht es etwas besser aus. Zwar war überdurchschnittliches Lohnwachstum auch in Österreich nicht zu sehen, die Inflationsraten waren aber auch niedrig", stellt Nemeth fest.
Steigende Inflation bevorzugt Aktieninvestoren
Was die Geldanlage betrifft, sieht die Zürcher Kantonalbank Österreich AG bei einem Anstieg der Inflation Aktien gegenüber Anleihen im Vorteil. "Für Anleihen ist eine steigende Inflation generell nachteilig, da sie mit steigenden Zinsen und damit verbundenen Kursverlusten einhergeht. Aktien hingegen können zwischen guter und schlechter Inflation unterscheiden, was sie auf jeden Fall begünstigt", stellt Nemeth die beiden Assetklassen gegenüber. Bei Aktien kommt es laut Nemeth vor allem auf das Stadium der Inflation an. Steigt diese aufgrund des Wirtschaftswachstums, legen auch die Unternehmensgewinne deutlich zu und das spricht für eine gute Aktienentwicklung. Wirkt sich die Inflation aber über rasch steigende Zinsen und höhere Refinanzierungskosten bereits negativ auf die Unternehmensgewinne aus, ist das auch für Aktien nicht förderlich. Hier beruhigt der Chief Investment Officer der Zürcher Kantonalbank Österreich AG: "Selbst in Amerika, das Europa im Konjunkturzyklus ja voraus ist, sind wir noch in der ersten Phase. Die Unternehmensgewinne brummen", so Nemeth.