Geboren wurde William Forsyth Sharpe am 16. Juni 1934 in Cambridge (Massachusetts, USA). Seine Schulausbildung schloss er in Riverside (Kalifornien) ab: „I benefitted there from stimulating teachers and challenging curricula.” Im Jahr 1951 schrieb sich Sharpe an der University of California in Berkeley ein, um Medizin zu studieren. Nach einem Jahr in Berkeley stellte er jedoch fest, dass seine Präferenzen wohl woanders lagen. So wechselte er an die University of California nach Los Angeles und begann ein Studium der Betriebswirtschaft.
Im ersten Semester beschäftigte sich Sharpe vor allem mit Rechnungswesen und Volkswirtschaftslehre, wobei es ihm der letztere Bereich offensichtlich mehr angetan hatte. So sagte er beispielsweise zu den beiden Fächern: „Both had a major influence on my career. The accounting course dealt primarily with bookkeeping, while the economics course focused on microeconomic theory. I found bookkeeping tedious and light on intellectual content. But I was greatly attracted to the rigor and relevance of microeconomic theory.”
How to concentrate on essential elements and abstract from secondary ones
Im Jahr 1956 schloss Sharpe sein Studium mit einem „Master of Arts“ ab. Insbesondere zwei Lehrer hatten einen maßgeblichen Einfluss auf die Karriere von William Sharpe. Zum einen J. Fred Weston, ein Finanz-Professor an der Business School, bei dem er Kurse besuchte und für den er als Forschungsassistent arbeitete. Weston brachte ihm vor allem die Arbeiten von Harry Markowitz näher, welche die gesamte Finanzwelt revolutionären sollten. Des Weiteren hatte Armen Alchian, ein Ökonomie-Professor in Los Angeles einen großen Einfluss auf Sharpe. „He taught his students to question everything; to always begin an analysis with first principles; to concentrate on essential elements and abstract from secondary ones; and to play devil's advocate with one's own ideas. In his classes we were able to watch a first-rate mind work on a host of fascinating problems.”
Nachdem er einige Jahre bei der US-Armee war, wechselte er schließlich im Jahr 1956 als Volkswirt zur RAND Corporation. Die RAND Corporation („Research ANd Development“) ist eine Denkfabrik in den USA, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde, um die Streitkräfte der USA zu beraten. „RAND was an almost ideal place for anyone interested in performing research that was both aesthetically pleasing and also pragmatic. During this period path-breaking work in computer science, game theory, linear programming, dynamic programming and applied economics was being done at RAND, both by permanent staff and visitors from major universities.”
Doktorarbeit zur Portfolioanalyse
Während seiner Zeit bei RAND schloss Sharpe im Jahr 1961 sein PhD in Economics an der Universität von Kalifornien ab. Fred Weston schlug vor, dass er vielleicht Harry Markowitz, der damals ebenfalls bei RAND, irgendwelche Ideen für gemeinsame Projekte hätte. In der Tat hatte Markowitz offensichtlich solche Ideen und Sharpe machte sich daran, zusammen mit ihm an der Portfolio-Theorie zu arbeiten.
In seiner Doktorarbeit beschäftige sich Sharpe dann auch mit verschiedenen Aspekten der Portfolioanalyse – basierend auf einem Modellansatz von Markowitz. Er nannte den Ansatz „single index model”, heute eher bekannt unter dem Terminus „one-factor model“. „Key is the assumption that security returns are related to each other solely through responses to one common factor. In the dissertation I addressed both normative and positive results. The final chapter (A Positive Theory of Security Market Behavior), included a result similar to that now termed the security market line relationship of the Capital Asset Pricing Model, but was obtained in the limited environment in which returns are generated by a one-factor model.”
Nobelpreis gemeinsam mit Merton H. Miller und Harry M. Markowitz
Im Jahr 1961 wechselte Sharpe nach Seattle an die „School of Business” der University of Washington. Während dieser Zeit schrieb er einige Fachaufsätze – basierend auf den Ergebnissen seiner Doktorarbeit. So reichte er u. a. bei der Redaktion des „Journal of Finance“ einen Fachbeitrag ein, der jedoch zunächst abgelehnt wurde. Schließlich wurde der Beitrag im September 1964 doch veröffentlicht (Capital Asset Prices – A Theory of Market Equilibrium Under Conditions of Risk, in: The Journal of Finance, Vol. XIX, No. 3, September 1964, pp. 425-442.). Dieses Papier lieferte die Basis für das Capital Asset Pricing Model (CAPM). Das CAPM ist ein Kapitalmarktgleichgewichtsmodell, das die Portfoliotheorie um die Frage erweitert, welcher Teil des Gesamtrisikos eines Investitionsobjekts nicht durch Diversifikation zu beseitigen ist und erklärt, wie risikobehaftete Anlagemöglichkeiten im Kapitalmarkt bewertet werden.
Im Jahr 1970 wechselte Sharpe an die Stanford University Graduate School of Business. Später sagte er über diese Zeit: „My years at Stanford have been all that anyone with interests in both research and teaching could have desired. Throughout, I have had the benefit of stimulating colleagues and students. Much of my knowledge of finance was gained when I participated in a team of three, teaching the first PhD seminar in the field at Stanford in the early 1970's. Alan Kraus, Bob Litzenberger and I shared not only our experience and knowledge but also an interest in sailing – a sport in which we indulged fairly frequently.” Im Jahr 1973 wurde Sharpe zum „Timken Professor of Finance” ernannt, im Jahr 1989 wurde er dann „Timken Professor Emeritus of Finance”.
Sharpe erhielt im Jahre 1990 gemeinsam mit Merton H. Miller und Harry M. Markowitz den Preis der schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften in Gedenken an Alfred Nobel für seine Forschungen auf dem Gebiet der Preisbildungstheorie im Kapitalmarkt.
Außerdem entwickelte Sharpe die „Sharpe-Ratio“, eine Kennzahl, die darüber Auskunft gibt, wie stark die Rendite einer Geldanlage über dem risikofreien Zinssatz lag und bei welcher Volatilität diese Rendite erzielt wurde. Mit der Sharpe-Ratio kann in einer ex-post-Betrachtung ein Vergleich zwischen verschiedenen Geldanlagen vorgenommen werden, indem die Überrendite pro Einheit Risiko gemessen wird. Als Maß für das Risiko wird dabei die Volatilität der Renditen verwendet, wobei in die Berechnung der Volatilität alle Renditen eingehen.
Sharpe-Ratio als Risikoindikator
Wenn also beispielsweise ein Anleger die Wahl zwischen zwei Fonds hat, die beide in den vergangenen drei Jahren eine jährliche Rendite von 15 Prozent erzielt haben, so dürfte er den Fonds bevorzugen, der diese Rendite mit der geringeren Schwankungsbreite der Wertentwicklung, gemeint ist hier die Volatilität, erreichte. Hier fällt die Entscheidung also relativ leicht. Muss der Anleger aber zwischen zwei Fonds wählen, von denen der eine zwar etwas schwächer in der Rendite, aber eben auch etwas weniger risikobehaftet ist, so gibt die Sharpe-Ratio die notwendige Hilfestellung. Zunächst einmal enthält sie im Zähler die sogenannte Überschussrendite. Darunter versteht man die über die sichere Geldmarktanlage hinausgehende Rendite. Wenn also der risikolose Geldmarkt drei Prozent und der ausgewählte Fonds zehn Prozent abgeworfen haben, so hat letzterer eine Überschussrendite von sieben Prozent. Diese wird ins Verhältnis gesetzt zum Risiko, ausgedrückt als Volatilität.
Eine deutlich positive Sharpe-Ratio, also eine deutlich größer eins, zeigt an, dass gegenüber der risikolosen Geldmarktanlage eine Mehrrendite erwirtschaftet wurde. Zum anderen zeigt sie, in welchem Verhältnis diese Mehrrendite zum eingegangenen Risiko steht. Umgekehrt verdeutlicht eine negative Sharpe-Ratio kleiner Null, dass noch nicht einmal die Geldmarktverzinsung übertroffen wurde. Während bestimmter Phasen gibt es durchaus Märkte, in denen trotz eingegangenen Risikos keine angemessene Wertentwicklung zu erzielen ist. Unterscheiden sich also zwei Fonds sowohl in der erzielten Rendite als auch in der Volatilität, sollte unter sonst gleichen Bedingungen der Fonds mit der höheren Sharpe-Ratio bevorzugt werden.
Literaturhinweise:
FAZ Börsenlexikon (
)Sharpe, W. F. (1964): Capital Asset Prices - A Theory of Market Equilibrium Under Conditions of Risk, in: The Journal of Finance, Vol. XIX, No. 3, September 1964, pp. 425-442.)
Sharpe, W. F. (1970): Portfolio Theory and Capital Markets, McGraw-Hill Book Company, New York, 1970.
Sharpe, W. F. (1994): The Sharpe Ratio, in: Journal of Portfolio Management, Fall 1994, pp. 49-58.
Sharpe, W. F. (1995): Nuclear Financial Economics, in: Risk Management: Problems & Solutions (William H. Beaver, George Parker, editors), McGraw-Hill, 1995, pp. 17-35.
[Bildquelle: Nobel Foundation]