Die Ökonomen des Konjunkturforschungsinstituts IMK haben die deutsche Konjunktur deutlich positiver beurteilt als andere Experten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nehme im Jahresdurchschnitt 2019 um 1,1 Prozent und 2020 um 1,6 Prozent zu, sagten sie in ihrer neuen Prognose voraus. "Der längste Aufschwung im vereinigten Deutschland wird durch den Brexit, die US-Handelspolitik und die weltweite konjunkturelle Abkühlung zwar spürbar ab-, aber nicht ausgebremst", erklärte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.
Gegenüber seiner Vorhersage vom Dezember 2018 senkte das IMK die Wachstumserwartung für 2019 nach eigenen Angaben um 0,6 Prozentpunkte. Im Jahr 2020, für das die Ökonomen erstmals eine Vorhersage abgaben, wird sich nach ihrer Erwartung die Wachstumsdynamik kaum ändern - die höhere Jahresrate im kommenden Jahr beruhe stark auf einer größeren Zahl an Arbeitstagen, die 0,4 Prozentpunkte ausmache.
Getragen wird das Wirtschaftswachstum nach der Analyse der Wirtschaftsexperten "vor allem vom soliden Konsum sowie von Investitionen". Die Zahl der Erwerbstätigen nehme weiterhin kräftig zu. "Als exportorientiertes Land sind wir von der Abkühlung der Weltwirtschaft natürlich erheblich betroffen", konstatierte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Gustav Horn. "Die deutsche Wirtschaft hat sich eine Erkältung geholt", sagte der Ökonom. "Aber gerade jetzt sieht man: Sie hat auch Widerstandskräfte gebildet."
In ihrer Prognose gehen die Düsseldorfer Konjunkturforscher davon aus, dass es keinen "harten" Brexit geben wird, sondern dass Großbritannien auf absehbare Zeit Mitglied in der europäischen Zollunion bleibt. Alternativ sei aber auch durchgerechnet worden, was ein kurzfristiger Brexit ohne Abkommen für die deutsche Wirtschaft bedeuten würde. Zusätzlich simulierten die Forscher, was passieren würde, wenn sich das Wachstum in China gleichzeitig noch stärker als bislang prognostiziert abschwächen und der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU unerwartet zuspitzen sollte.
Das deutsche Wachstum würde in diesem Risikoszenario 2019 bei 0,8 anstatt 1,1 Prozent und 2020 bei 1,0 anstatt 1,6 Prozent liegen. Das seien zwar spürbare, aber verkraftbare Einbußen. Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiere angemessen, indem sie den ursprünglich geplanten Ausstieg aus ihrer expansiven Geldpolitik verschoben habe, betonte das IMK zudem. Die fortgesetzte Niedrigzinsphase berge zwar Risiken, bleibe aber "in dem Maße unerlässlich, in dem die Fiskalpolitiken der Euroländer die Lücke nicht füllen". Insbesondere in Deutschland sollte mehr geschehen.