BKA-Bericht zu Wirtschaftskriminalität

Wirtschaftskriminalität wird digitaler


Wirtschaftskriminalität wird digitaler Studie

Die Wirtschaftskriminalität in Deutschland verlagert sich zunehmend ins Internet. Sowohl über Webseiten als auch über soziale Medien kommt es verstärkt zu Fällen von Anlagebetrug. Das ist ein Ergebnis des "Bundeslagebilds Wirtschaftskriminalität 2018", das heute durch das Bundeskriminalamt (BKA) veröffentlicht wurde.

Insgesamt gingen 2018 die Zahlen im Bereich der Wirtschaftskriminalität zurück: 50.550 Fälle wurden im Jahr 2018 polizeilich registriert, ein Rückgang um 31,8 Prozent im Vergleich zum Jahr davor (2017: 74.070 Fälle). Dieser deutliche Rückgang der Fallzahlen ist insbesondere auf ein im Jahr 2017 in Sachsen geführtes Verfahren mit mehr als 23.000 Anlagebetrugsdelikten zurückzuführen, die in die Statistik eingeflossen waren.

Dessen ungeachtet bleibt der monetäre Schaden, der durch Wirtschaftskriminalität verursacht wird, immens. Zwar sank die Schadenssumme um 10,2 Prozent gegenüber 2017. Sie lag mit 3,356 Milliarden Euro jedoch weiterhin auf einem sehr hohen Niveau.

Soziale Medien rücken in den Vordergrund

Die Täter setzen bei ihrer Vorgehensweise verstärkt auf das Internet, um für ihre in betrügerischer Absicht angebotenen Anlagemöglichkeiten zu werben. Soziale Medien rücken dabei in den Vordergrund, da auf diesem Wege Anleger mit vermeintlich lukrativen und unkomplizierten Investitionsmöglichkeiten angelockt werden können. Dementsprechend ist die Anzahl der Fälle, in denen das Internet zur Begehung von Wirtschaftsstraftaten genutzt wurde, um mehr als ein Viertel auf 6.473 gestiegen (2017: 5.105 Fälle).

Angeboten werden bei diesen betrügerischen Webseiten Finanzprodukte wie Differenzkontrakte (Contracts for Difference; CFD) oder Initial Coin Offerings (ICOs). Dass es sich hierbei um unseriöse Angebote handelt, ist für viele Anleger nicht ersichtlich, da die Webseiten professionell aufbereitet sind: Neben einer ansprechenden Optik enthalten sie gefälschte Impressen und Handelsgenehmigungen. Zudem bieten die Täter häufig einen "Kundenservice" in Form einer Hotline an. Den potenziellen Opfern, denen eine hohe Rendite versprochen wird, erscheint dies als weiteres Zeichen der Seriosität. Dabei ist die Möglichkeit der direkten telefonischen Ansprache für die Betrüger der Schlüssel dafür, Opfer von den Gewinnmöglichkeiten eines Investments zu überzeugen. Überweisen Anleger Geld an die Täter, werden ihnen auf der Webseite Kontobewegungen und scheinbar hohe Gewinne angezeigt. Die Opfer investieren daraufhin weiter – und bemerken den Betrug erst, wenn sie eine Auszahlung anstreben. Durch die Ansprache über die Hotline gelingt es den Tätern selbst in solchen Fällen, weiteres Geld von ihren Opfern zu erlangen. So wurden beispielsweise kleine Summen als Beweis der Seriosität mit dem Ziel ausgezahlt, die Opfer zur Überweisung noch höherer Summen zu bewegen. Tatsächlich findet kein Investment in die beworbenen Anlageprodukte statt. Es kommt zu einem Totalverlust der Anleger.

Hohe Aufklärungsquote von über 90 Prozent

Die Scham der Opfer in solchen Fällen ist groß. Hinzu kommt, dass sich viele Anleger gar nicht betrogen fühlen – die Betrugsmasche ist so perfide, dass der Glaube an die Seriosität sehr lange anhält. Erst ein Verlust des gesamten Vermögens öffnet manchem Opfer die Augen. Mit dem Ziel, solche Erfahrungen zu verhindern, veröffentlichte das Bundeskriminalamt Warnhinweise und war auf Anlegermessen vertreten, um auf diese betrügerischen Angebote aufmerksam zu machen.

Getäuschten Anlegern rät das BKA zur Anzeige. Denn nur so ist eine Strafverfolgung möglich. Bei Wirtschaftsstraftaten führt dies häufig zum Erfolg: Im Jahr 2018 lag die Aufklärungsquote im Bereich der Wirtschaftskriminalität bei 90,9 Prozent (2017: 94,6 Prozent).

Manipulation durch Social Bots

Social Bots sind geeignet, das Kunden- und Kaufverhalten über das sog. "Influencer Marketing" zu manipulieren, so die BKA-Experten. Beim Influencer Marketing handelt es sich um gezielte Marketingmaßnahmen kommerzieller Agenturen, um Nutzer in ihren Kaufentscheidungen zu beeinflussen und für ein Produkt oder eine Marke einzunehmen. Der Einsatz Sozialer Medien in Form von Kommentaren, sog. "Postings", "Likes" und "Shares" ist dabei essenziell.

Social Bots sind dabei Computerprogramme, die eine menschliche Identität vortäuschen und zu manipulativen Zwecken eingesetzt werden, indem sie wie Menschen im Internet kommunizieren. Die Adressaten nehmen diese nicht als durch Algorithmen ausgelöste automatische Kommunikation, sondern als scheinbar real existierende Internet-User wahr. Einfache Social Bots erkennen Schlüsselbegriffe und reagieren darauf. Komplexe Social Bots hingegen können Kommunikationsinhalte analysieren und Dialoge führen.

Die BaFin hat mehrfach vor Marktmanipulationen mittels gefälschter oder unrichtiger Mitteilungen und Veröffentlichungen gewarnt. Social Bots könnten geeignet sein, derartige Falschmeldungen zu verbreiten und Manipulationen Vorschub zu leisten. Eine Störung der Finanzmärkte hätte vielfältige Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft, und das Vertrauen in die Integrität der Finanzmärkte wäre nachhaltig gestört.

Der BKA-Bericht skizziert exemplarisch drei Szenarien, in denen Social Bots im Wirtschaftsleben zum Einsatz kommen könnten:

  1. Um Unternehmen in Misskredit zu bringen und ihren Aktienwert sinken zu lassen, werden durch Social Bots gezielt Falschmeldungen verbreitet. Die Täter generieren ihre kriminellen Einnahmen beispielsweise dadurch, dass sie Optionen auf den Verlauf des Börsenkurses abschließen, welcher vorher durch den Einsatz von Social Bots in die gewünschte Richtung gelenkt wurde.
  2. Künstliche, nichtexistente Märkte werden geschaffen, die dazu verleiten sollen, in nichtexistente Produkte zu investieren. Social Bots verbreiten Unmengen an Informationen im Internet, um interessierte Anleger von einem vermeintlich lukrativen Geschäft zu überzeugen.
  3. Social Bots infiltrieren klassische Vertriebs- und Beratungsmodelle für Investments mit Falschnachrichten. Eine derartige Informationsverbreitung in Sozialen Netzwerken kann den Börsen- bzw. Marktpreis eines Finanzinstruments massiv beeinflussen, da potenziellen Anlegern ein reges Interesse des Kapitalmarkts am Finanzprodukt vorgetäuscht wird.
[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock ]
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