Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2005 um 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken. Wie der Verband der Vereine Creditreform mitteilte, waren erstmals seit fünf Jahren auch die Insolvenzzahlen in Westdeutschland rückläufig. In Ostdeutschland sinkt die Zahl der Firmenzusammenbrüche bereits seit 2003. Insgesamt sind nach Angaben von Creditreform in den zurückliegenden sechs Monaten noch 18.700 Fälle von Unternehmenspleiten in Deutschland registriert worden. Für das Gesamtjahr 2005 prognostiziert Creditreform rund 38.000 Firmeninsolvenzen nach 39.270 im vergangenen Jahr.
Nach Einschätzung von Creditreform-Vorstand Prof. Helmut Rödl haben die Unternehmensinsolvenzen ihren Zenit in Deutschland mittlerweile überschritten. Dies sei jedoch nicht als Zeichen einer Konjunkturerholung zu werten, sagte er bei der Vorstellung der jüngsten Entwicklung in Düsseldorf. Insolvenzen seien kein Frühindikator. Eine Trendumkehr der Stagnation in Deutschland sei weiter nicht auszumachen. Das Sorgenkind bei den Firmenpleiten bleibe die Bauwirtschaft, auch wenn die Branche im ersten Halbjahr ebenfalls 6,4 Prozent weniger Konkurse verzeichnet habe, erläuterte Rödl weiter. Die Insolvenzbetroffenheit sei hier aber weiter so hoch wie in keinem anderen Wirtschaftsbereich. Mit 240 Pleiten pro 10.000 Unternehmen seien knapp doppelt so viele Firmen von der Insolvenz betroffen wie im Durchschnitt aller Branchen. Insgesamt arbeiteten heute mit 660.000 Menschen nur noch halb so viele Mitarbeiter in der deutschen Baubranche wie noch vor zehn Jahren. Somit ist es nach Einschätzung von Creditreform auch kein Zufall, dass zu den fünf größten Firmenpleiten im ersten Halbjahr mit der Augsburger Walter Bau AG auch ein prominenter Baukonzern gehörte. Auf der Liste der größten Konkurse fanden sich zudem die Drogeriekette "Ihr Platz" GmbH & Co. KG, die AgfaPhoto GmbH, die TWD GmbH aus Deggendorf sowie die pgam advanced technologies AG wieder. Nach Angaben von Creditreform werden 2005 insgesamt 550.000 bis 580.000 Arbeitsplätze auf Grund von Insolvenzen in Deutschland wegfallen. Dem stünden rund 300.000 Stellen gegenüber, die mit Neugründungen von Unternehmen neu entstünden. Im Gegensatz zu den Unternehmensinsolvenzen verzeichnete Creditreform im ersten Halbjahr einen deutlichen Anstieg der Verbraucherinsolvenzen. Diese legten gegenüber dem Vorjahr um 33,5 Prozent auf 29.200 zu. Ein Ende dieses Trends sei nicht abzusehen, sagte Rödl. Bei den Zahlen im ersten Halbjahr handele es sich lediglich um "die Spitze des Eisbergs". Drei Millionen Haushalte in Deutschland seien überschuldet. Hinzu kämen monatlich etwa 140.000 Eintragungen in die Schuldnerregister.
Als typische Auslöser für das Rutschen in die Überschuldung nannte Rödl die Arbeitslosigkeit sowie die Trennung vom Lebenspartner. Zudem hätten die Kreditinstitute die Konsumenten als Zielgruppe wieder entdeckt, konstatierte er. Auf der anderen Seite lasse "die finanzielle Allgemeinbildung" weiter Teile der Bevölkerung zu wünschen übrig. "Viele rutschen sehendes Auges in die Pleite – ohne es aber zu begreifen". Für das Gesamtjahr rechnet Creditreform mit insgesamt 92.000 Insolvenzen von Privatpersonen – nach 49.100 im vergangenen Jahr.