Risikoverständnis entwickeln und etablieren

Zusammenhänge (besser) verstehen mit Simulationen


Zusammenhänge (besser) verstehen mit Simulationen: Risikoverständnis entwickeln und etablieren News

Wer stand noch nicht vor der Aufgabe, einen komplexen Sachverhalt verstehen – oder von der anderen Seite betrachtet: vermitteln – zu müssen? Das fällt umso leichter, je mehr dabei Erfahrungen und (gegebenenfalls sogar damit verbundene) Emotionen angesprochen werden. Dahinter steht der Sachverhalt, dass das "Erfahren" oder "Erleben" eine erfolgsversprechende Form des Wissenserwerbs und der Wissensweitergabe ist.

Wie gelingt es nun, dieses Erleben in den Alltag der Wissensweitergabe und des Verständnisaufbaus zu integrieren? Am besten, indem man sich in den zu verstehenden Kontext sozusagen hineinversetzt. Man tut "so als ob". Dadurch ist man Teil des Sachverhalts und schon allein dadurch intensiver in die Auseinandersetzung mit diesem eingebunden. Das führt direkt zu einer Methode, die zunehmend als Schlüsselmethode in der Ausbildung anerkannt ist: Die Simulation. Denn diese ist in ihrer Definition eben nichts anderes, als für eine Situation so zu tun als ob. Und wenn man einmal um sich schaut, so ist die Simulation als Ausbildungsmethode offensichtlich bereits etabliert: Piloten werden an einem Flugsimulator ausgebildet; jeder, der eine Fahrerlaubnis besitzt, hat in seiner medizinischen Grundausbildung an der Reanimationspuppe die Wiederbelebungsmaßnahmen geübt. Der Schwerpunkt bei den genannten Beispielen liegt in der Vermittlung von Abläufen.

Aber auch im Vermitteln eines Verständnisses ist eine Simulation eine sehr wirkungsvolle Methode. Für eine Simulation braucht es ein Modell, welches Ursache-Wirkungszusammenhänge abbildet. Häufig sind diese in ihrem Zusammenwirken durch eine hohe und dadurch zumindest auf den ersten Blick schwer durchschaubare Komplexität gekennzeichnet.

Diese Ursache-Wirkungszusammenhänge transformieren Eingangsgrößen des Modells (die Parameter der Simulation) in zugehörige Zielgrößen (beispielsweise Preismaßnahmen eines Unternehmens in Marktanteile oder Maßnahmen zur Währungssicherung in Auswirkungen auf Rohstoffpreise und internationale Umsätze). Durch eine breite Variation der Parameter lässt sich deren Auswirkung auf die Zielgrößen erleben und sichtbar machen. Dabei entwickelt sich meist ein Gefühl, wie Parameter und Zielgrößen zusammenhängen, was das Verstehen zu den dahinterliegenden Ursache-Wirkungszusammenhängen deutlich erleichtert.

Bei der Nutzung von Simulationen zur Wissensvermittlung und zum Verständnisaufbau scheint in der Betriebswirtschaft und damit auch im Unternehmensalltag im Vergleich zu anderen Disziplinen ein Nachholbedarf zu bestehen, es dominiert viel mehr ein Erklären und Lernen-im-Job. Das ist schade, denn so kann das Potenzial der Methode, Wissen und Können effizient zu vermitteln, nicht genutzt werden. Wie für die Betriebswirtschaft im Allgemeinen trifft das auch auf das Risikomanagement im Speziellen zu.

Heutzutage haben die meisten Unternehmen – teilweise auch durch externe Vorgaben wie das KonTraG oder den DRS20 – die Erfassung von Risiken im Unternehmen verankert, die dazugehörigen Prozesse sind dokumentiert und etabliert. Potenzielle Schwachstellen zeigen sich jedoch am Anfang und Ende dieser Prozesskette: Werden wirklich alle relevanten Risiken erkannt? Und gelingt es den Unternehmen, geeignete Antworten auf die Risiken zu geben? Bei beiden Aspekten versteht es sich fast von selbst, dass gut ausgebildete Mitarbeiter eine notwendige Voraussetzung sind für ein erfolgreiches Risikomanagement sind.

Das Erkennen von Risiken ist die Grundvoraussetzung für den weiteren Risikomanagementprozess. Denn nur Risiken, die dem Unternehmen bekannt sind, können auch durch das Risikomanagement gesteuert werden. Für das Erkennen von Risiken bedarf es jedoch ebenso ein umfassendes Verständnis zum Geschäftsmodell und zu den Unternehmensprozessen wie zu den Märkten, in denen das Unternehmen tätig ist, (Wettbewerber, Kunden, Lieferanten) und deren Usancen. Nur so gelingt es, Bedrohungen für den Unternehmenserfolg frühzeitig zu identifizieren. Nun hat in den meisten Unternehmen heutzutage kaum jemand die Möglichkeit, ein Unternehmen im Berufsalltag so umfassend kennenzulernen. Hier kann eine Simulation, beispielsweise in Form eines Unternehmensplanspiels, wertvolle Dienste leisten.

Auch bei der Entwicklung von Maßnahmen, um auf die Bedrohung durch Risiken reagieren zu können, bedarf es gut ausgebildeter Mitarbeiter mit einem umfassenden Verständnis zum Unternehmen und zu den Märkten. Hier kann aber mit Simulationen sogar noch mehr erreicht werden: Sie bieten die Möglichkeit, die Wirkung einzelner Maßnahmen sozusagen "im unternehmenseigenen Labor" zu testen, Maßnahmenbündel aufeinander abzustimmen und zu optimieren.

Wenn nun das Risikomanagement als betriebliche Funktion seine Aufgabe nicht in der Gestaltung des Risikomanagementprozesses allein, sondern auch oder sogar vielmehr in der Befähigung der Mitarbeiter im Verständnis zu Risiken und in der Entwicklung von Maßnahmen sieht, kann sich eine neue Risikokultur im Unternehmen entwickeln und etablieren. Das ist ein wesentlicher Schritt für ein aktives und erfolgreiches Risikomanagement, welches sich dadurch zu einer wirklichen und unverzichtbaren Unterstützungsfunktion für die Unternehmensführung entwickelt.

Autor:

Dr. Jan Spitzner ist geschäftsführender Gesellschafter der Spitzner Consulting GmbH mit Sitz in München sowie Redakteur beim Kompetenzportal RiskNET. Gemeinsam mit Frank Romeike hat er das Standardwerk "Von Szenarioanalyse bis Wargaming – Betriebswirtschaftliche Simulationen im Praxiseinsatz" (Wiley Verlag, Weinheim 2013) geschrieben und herausgegeben.

Forum "Simulation in der Ausbildung erfolgreich anwenden"

Das Forum ist eine jährlich stattfindende Veranstaltungsreihe im Kontext der zukunftsorientierten Steuerung von Unternehmen. Im Fokus stehen innovative betriebswirtschaftliche Methoden, die es Unternehmen ermöglichen, Herausforderungen einer unsicheren Zukunft erfolgreich zu meistern. Es wird vom Institut für Controlling und Rechnungswesen an der TU Hamburg-Harburg zusammen mit Spitzner Consulting, München, und der Führungsakademie der Bundeswehr durchgeführt. Vertreter aus Praxis, Wissenschaft und Militär sind zu einem intensiven Austausch über Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen von zukunftsorientierten Steuerungsinstrumenten eingeladen. Im Fokus des Forums 2015 stehen Erfahrungen aus der praktischen Anwendung von Simulationen im Rahmen der Aus- und Weiterbildung.

Mitarbeiter werden so in die Lage versetzt, Erfahrungen zu sammeln, auf die sie in späteren Entscheidungssituationen zurückgreifen können. Hochkarätige Referenten, u. a. von Volkswagen Financial Services, Airbus Defence and Space und der Bundeswehr, berichten von ihren persönlichen Erfahrungen. Das Forum findet am 26. März 2015 in Hamburg statt.

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[ Bildquelle Titelbild: © Victoria - Fotolia.com ]
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