Zwei Wege: Differenzen zwischen US-Fed und EZB in Jackson Hole


Beim wirtschaftspolitischen Symposium der Federal Reserve Bank of Kansas City in Jackson Hole haben sich am Wochenende deutliche Differenzen zwischen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank (EZB) beim Umgang mit der weltweiten Finanzkrise gezeigt. Fed-Chairman Ben Bernanke verteidigte gut ein Jahr nach Ausbruch der Krise an den Kreditmärkten den aggressiven Zinssenkungskurs der US-Notenbank und äußerte sich zuversichtlich, dass die auf Rekordniveau befindliche Inflation ab Ende 2008 moderater verlaufen werde. Berufen konnte sich Bernanke dabei auf das Mandat der Fed, das neben der Gewährleistung von Preisstabilität auch die Sicherung einer nachhaltig hohen Beschäftigung beinhaltet. Für die Fed stünden weiterhin die Risiken für die Konjunktur und die Finanzmärkte im Mittelpunkt ihrer Arbeit, sagte Bernanke. Diese hätten die Fed bewogen, ihren Leitzins "relativ niedrig" zu halten. Gemeint war damit eine Senkung des Leitzinses binnen Jahresfrist um nicht weniger als 325 Basispunkte auf 2,00 %. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet räumte ein, dass die Zentralbanken unterschiedliche Ziele hätten. "Für uns liegen die Dinge sehr klar, wir haben eine Nadel in unserem Kompass. Wir müsse nicht abwägen zwischen verschiedenen Zielen, wir haben ein Ziel, und das besteht darin, mittelfristige Preisstabilität zu gewährleisten", sagte er. Und diplomatisch fügte er hinzu: Was bisher getan worden sei, sei unter sehr unterschiedlichen Umständen recht gut gewesen. Dabei dürfte Trichet aber vor allem die liquiditätssichernden Maßnahmen der Zentralbanken im Auge gehabt haben. Weitaus harscher fiel das Urteil von akademischer Seite aus. Willem Buiter, früherer Mitarbeiter der Bank of England und heute Professor an der London School of Economics, warf der Fed vor, auf Basis falscher Annahmen geldpolitisch überreagiert zu haben. Obwohl die Fed unter Bernanke noch nicht lange arbeite, scheine es doch so, dass sie zu leicht in Panik gerate, heißt es in einem Arbeitspapier des Ökonomen. Die Fed übertreibe die Bedeutung des Finanzsektors für die makroökonomische Stabilität und gehe hinsichtlich der Transmission geldpolitischer Impulse von falschen Annahmen aus.

Der Finanzsturm hat sich noch nicht gelegt

Unterstützung erhielt die Fed in ihrem Risikomanagement-Ansatz dagegen von Alan Blinder, dem früheren stellvertretenden Fed-Chairman und heutigen Princeton-Professor. Er gebe der Fed für ihren Umgang mit der Kreditkrise und ihrer Orientierung an der Kerninflation "gute Noten", sagte Blinder. Hinsichtlich der globalen Finanzkrise herrschte unter den in Jackson Hole versammelten Experten nur insoweit Einigkeit, als noch niemand deren Ende gekommen sah. Fed-Chairman Bernanke sprach davon, dass sich der "Finanzsturm" noch nicht gelegt habe und sagte, die Zinssenkungen der Fed hätten zumindest teilweise dazu gedient, den mit der Krise einhergehenden verschlechterten Finanzierungsbedingungen entgegenzuwirken. Die Europäer äußerten sich in dieser Hinsicht skeptischer. EZB-Ratsmitglied und Bundesbankpräsident Axel Weber sagte, man solle sich jetzt nicht auf die Geldpolitik verlassen, sondern vor allem die regulatorische Seite im Auge behalten. Der Gouverneur der Banca d'Italia, Mario Draghi, warnte explizit davor, die Stabilität des Finanzsystems als zusätzliches Ziel von Geldpolitik zu definieren. Eine Zentralbank (wie die EZB), deren Ziel alleine die Sicherung von Preisstabilität sei, würde die Einführung von Finanzstabilität als zusätzliches Ziel möglicherweise zu einer Güterabwägung zwingen, sagte er. An den Finanzmärkten wurde der Meinungsaustausch zwischen Notenbankern und Wissenschaftler vor allem mit Blick auf mögliche Hinweise auf den weiteren Zinskurs der Fed verfolgt. In dieser Hinsicht hatte Bernanke aber gleich am ersten Tag der Konferenz Klarheit geschaffen, indem er deutlich machte, dass sich die Fed auch weiterhin vor allem auf die Wachstums- und Stabilitätsrisiken konzentrieren werde. Die zuletzt rückläufigen Teuerungsraten bei den Rohstoffpreise seien ermutigend, sagte Bernanke.

[Quelle: RISIKO-MANAGER.com]

 

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