Die Risiken für das deutsche Finanzsystem haben sich nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank weiter erhöht. Wie aus ihrem aktuellen Finanzstabilitätsbericht hervor geht, sieht die Bundesbank unter anderem das Risiko, dass Banken wegen des in den vergangenen Jahren guten Wirtschaftswachstums ihre Kreditrisiken unterschätzen, den Wert von Kreditsicherheiten überschätzen und wegen des Niedrigzinsumfelds Kredit an Kunden mit geringerer Bonität vergeben.
Laut Bundesbank werden die negativen Auswirkungen der Wachstumsverlangsamung für das Finanzsystem derzeit von der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) überdeckt. Eine Fortführung dieser Politik führe aber zugleich zu neuen Anfälligkeiten und Schwachstellen im Finanzsystem. "Die als Frühwarnindikator verwendete Kredit/BIP-Lücke öffnet sich zusehends und deutet auf einen weiterhin expansiven Finanzzyklus hin", schreibt die Bundesbank in ihrem Bericht.
Laut Bundesbank haben sich in den vergangenen Jahren langsam und stetig zyklische Systemrisiken im deutschen Finanzsystem aufgebaut. Dieser Aufbau setzte sich im Jahresverlauf fort, obwohl sich die Konjunktur eingetrübt hat und bereits länger bestehende außenwirtschaftliche Abwärtsrisiken teilweise eingetreten sind. Die Bundesbank verweist darauf, dass zwar die exportorientierte Industrie unter einer "konjunkturellen Eintrübung" leide, viele binnenwirtschaftliche Bereiche aber nach wie vor hoch ausgelastet seien.
Kreditwachstum so hoch wie zuletzt vor 15 Jahren
Das spiegelt sich auch in einer hohen Kreditnachfrage. Laut Bundesbank nehmen Kredite an den Privatsektor mit einem jährlichen nominalen Wachstum von derzeit knapp 5 Prozent so stark wie seit über 15 Jahren nicht mehr zu. "Angesichts der außergewöhnlich guten makroökonomischen Entwicklung in den vergangenen neun Jahren besteht die Gefahr, dass Konjunktureinbrüche in der Risikobetrachtung der Banken derzeit tendenziell unterrepräsentiert sind", warnt die Bundesbank.
Dies gelte besonders bei Banken, die mithilfe interner Risikomodelle ihre Kreditrisiken schätzen. "Die Risikogewichte sind in den vergangenen Jahren deutlich gesunken und weiterhin sehr niedrig."
Zu den Sektoren mit einem starken Wachstum gehört die Bauwirtschaft. Über die Hälfte aller ausstehenden Bankkredite an inländische private Haushalte und Unternehmen sind laut Bundesbank Wohnungsbaukredite. Außerdem machten Immobilien in Deutschland mit 80 Prozent einen wesentlichen Anteil des Anlagevermögens aus.
Wohnimmobilien in Städten um 15 bis 30 Prozent überbewertet
Die Preise am deutschen Wohnimmobilienmarkt sind laut Bundesbank im vergangenen Jahr um 8 Prozent gestiegen. Nach ihrer Einschätzung waren Wohnimmobilien in Deutschland in städtischen Gebieten im Jahr 2018 zwischen 15 und 30 Prozent überbewertet. Seit Beginn des Preisaufschwungs im Jahr 2010 haben deutsche Banken verstärkt Kredite zur Finanzierung von Wohnimmobilien vergeben.
Laut Bundesbank war das teilweise mit gelockerten Kreditvergabestandards verbunden. "Umfragedaten geben zudem Hinweise darauf, dass die privaten Haushalte in Deutschland damit rechnen, dass die Wohnimmobilienpreise weiter steigen", merkt die Bundesbank an. Auch die meisten Banken erwarteten längerfristig weiter steigende Preise. "Damit besteht die Gefahr, dass Marktteilnehmer zu sehr 'in den Rückspiegel' schauen und den Trend der Vergangenheit zu optimistisch in die Zukunft fortschreiben", warnt die Bundesbank.
Schlagend sein könnten diese Risiken laut Bundesbank unter anderem im Falle einer unerwarteten und starken Konjunktureintrübung. "In einem solchen Szenario könnten Kreditausfälle zunehmen und die Immobilienpreise deutlich sinken. Dies würde das deutsche Finanzsystem empfindlich treffen", erläutert die Bundesbank.
Zum anderen könnte sich ein abrupter Zinsanstieg negativ auswirken, da aktuell Erwartungen lang anhaltend niedriger Zinsen bestehen und Vermögenswerte entsprechend hoch bewertet sind. Zu einem abrupten Anstieg des Zinsniveaus könnte es kommen, wenn konjunkturelle Risiken eintreten und sich die Risikoprämien an den Märkten schlagartig erhöhen. Die Vermögenspreise könnten in einem Umfeld nahe der Nullzinsgrenze bereits auf kleine Zinsänderungen stark reagieren.
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Die Aussichten für die deutschen Banken trüben sich nach Ansicht der Ratingagentur Moody's weiter ein. Sie senkte den Ausblick für das deutsche Bankensystem auf negativ von stabil. In den kommenden zwölf bis 18 Monaten dürften sich die Profitabilität und die Kreditwürdigkeit der Institute insgesamt abschwächen.
"Die schwache Profitabilität der Banken wird mit sinkenden Nettozinsüberschüssen weiter fallen", sagte Moody's-Analyst Bernhard Held laut Mitteilung. "Traditionelle Geschäftsbanken und insbesondere einlagenfinanzierte Institute werden es schwer haben, in dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld ihre Kosten zu verdienen, auch wenn die Risikovorsorge niedrig ist."
Am härtesten dürfte es die kleineren, rein einlagenfinanzierten Banken treffen. Das anhaltende Wachstum der Einlagen, das auch der Zurückhaltung der Kunden bei der Investition in andere Anlagen wie Aktien geschuldet sei, werde für die Institute wegen der negativen Einlagenzinsen der EZB zu einem immer teureren Problem, so die Agentur. Eine wachsende Zahl von Banken erwäge mittlerweile, negative Zinsen an ihre Kunden weiterzugeben.
Zudem halten sich die Erfolge der deutschen Banken, ihre Aufwand-Ertrags-Relationen zu verbessern, laut Moody's sehr in Grenzen. 2018 habe diese Kennziffer 80 Prozent erreicht, was bedeutet, dass die Institute für jeden Euro Ertrag 80 Cent aufwenden müssen. Schon in den vergangenen Jahren hätten die Institute es kaum geschafft, die Kosten an die Dynamik bei den Erträgen anzupassen. Vor dem Hintergrund der schwierigen Rahmenbedingungen dürfte ihnen eine Verbesserung kurzfristig kaum gelingen.
Positiv hebt Moody's die gute Kreditwürdigkeit der Kunden hervor, die von den niedrigen Zinsen, dem starken Arbeitsmarkt und der hohen Binnennachfrage gestützt werde. Die konservative Kreditvergabe in konjunktursensiblen Branchen bedeute, dass jeder Anstieg bei Problemkrediten maßvoll sein dürfte.