Tail-Risiken
Das Tail-Risiko, manchmal auch als "Fat-Tail-Risiko" bezeichnet, ist das finanzielle Risiko, dass sich ein Vermögenswert oder ein Portfolio von Vermögenswerten um mehr als drei Standardabweichungen von seinem aktuellen Kurs bewegt und damit über dem Risiko einer Normalverteilung liegt. Zu den Tail-Risiken gehören Ereignisse mit geringer Wahrscheinlichkeit, die an beiden Enden einer Normalverteilungskurve auftreten und auch als Tail-Ereignisse bezeichnet werden. Da sich die Anleger jedoch im Allgemeinen eher mit unerwarteten Verlusten befassen, konzentriert sich die Debatte über das Tail-Risiko auf den linken "Tail" der Verteilungsfunktion.
Die gängige Methode, von einer Normalverteilung der Preisänderungen auszugehen, unterschätzt das Tail-Risiko. Dies hängt damit zusammen, dass viele Marktdaten (siehe beispielsweise Rohstoffpreise) häufig nicht der Normalverteilungshypothese folgen, sondern eher "schief" verteilt sind.
Das Tail-Risiko wird in der Praxis manchmal auch als das Risiko (oder die Wahrscheinlichkeit) seltener Ereignisse definiert. Die willkürliche Definition des Tail-Bereichs als jenseits von drei Standardabweichungen kann in der Praxis auch anders definiert werden (je nach Risikoappetit).
Die traditionellen Modelle und Analyseverfahren zur Portfolio-Optimierung basieren in der Regel auf der Annahme, dass die Erträge eines Vermögenswertes "normalverteilt" sind. Die bedeutet für die Praxis: In einem Aktienportfolio sind kleine prozentuale Tagesgewinne oder -verluste viel wahrscheinlicher als mittlere oder große Bewegungen nach oben oder unten. Zum ersten Mal wurde dieser Ansatz Mitte der 1960er Jahre von Benoît Mandelbrot in Frage gestellt. Die Normalverteilung ist kein gutes Abbild der Realität an den Finanzmärkten, so Benoît Mandelbrot, bekannt für seine Forschungen im Bereich der fraktalen Geometrie. Die Kursausschläge an den Börsen seien wesentlich extremer, als in den üblichen Modellen der Finanzmathematik unterstellt werde.
So ist laut Normalverteilung ein Kursrückgang des Dow-Jones-Industrial-Index von über sechs Prozent nur alle 174.532 Jahre zu erwarten. Empirisch gesehen tritt dieses Ereignis jedoch ungefähr einmal in drei Jahren ein.