Analyse des Status Quo der Sanierung

Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO und seine Funktionalität im internationalen Rechtsvergleich


Rezension

Praktiker weisen seit längerem darauf hin, dass die bestehende Insolvenzordnung, insbesondere im Rahmen der Sanierung von Unternehmen, zu komplizierte und bürokratische Vorschriften enthält. Die Möglichkeiten der Gläubiger, aktiv eine Sanierung zu gestalten, waren limitiert. Rechtsfälle aus der Praxis zeigten, dass sowohl das Verhalten der Insolvenzgerichte, als auch die der vorläufigen Insolvenzverwalter, nicht immer berechenbar waren. Auch international angewandte Sanierungsinstrumente, wie beispielsweise dem "Dept Equity Swap", vermisste man als ein effektives Sanierungsinstrument in der Insolvenzordnung.  Bei der Gläubigerbeteiligung in Form eines "Debt Equity Swap" handelt es sich um eine Transaktion, bei der eine Forderung eines Gläubigers gegenüber einem Schuldnerunternehmen zugunsten einer entsprechenden Beteiligung an diesem erlischt.

Das Ergebnis: Die deutsche Insolvenzordnung schöpfte bisher nicht alle Sanierungschancen aus und war auch international kein Vorbild. Im Gegenteil. Der Gesetzgeber musste feststellen, dass es in Ländern wie Frankreich, Großbritannien und den USA einfacher war, notleidende Unternehmen bereits im Vorfeld einer Insolvenz zu sanieren. So überrascht es nicht, dass am 1. März 2012 das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Kraft trat, um die Rahmenbedingungen für die Sanierung von insolvenzbedrohten Unternehmen zu optimieren und um die Sanierungschancen zu erhöhen. Mit den Reformen ist das Ziel verbunden, insbesondere die Gläubigerinteressen zu stärken, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung (Schutzschirmverfahren) zu unterstützen und bürokratische Hemmnisse abzubauen. 

Der Autor widmet sich im vorliegenden Band eingehend den Regelungen des Schutzschirmverfahrens. Einleitend werden die Beweggründe der Gesetzesinitiative dargestellt. Dem folgt eine Analyse des tatsächlichen Status Quo der Sanierung in Deutschland, um anschließend den Blickwinkel auf die Sanierungsverfahren in den Ländern USA, England, Frankreich und Italien zu richten. Länderübergreifend besteht Übereinstimmung, mit der Sanierung das Ziel zu verfolgen, sowohl die Fortführung der Geschäftstätigkeit zu erreichen als auch  den Erhalt der Arbeitsplätze zu sichern. Jedoch ist die Sanierungskultur in den Ländern sehr unterschiedlich. Wird in Deutschland eine Insolvenz eher als persönliches Scheitern betrachtet, so tendieren Amerikaner doch eher dazu, dem Schuldner eine zweite Chance zu gewähren. Insofern gewinnt das "looking forward" eine spezielle Bedeutung.   

Somit kommt es nicht von ungefähr, dass der Schwerpunkt der reformerischen Regelungen auf die Etablierung der Eigenverwaltung im Rahmen des Schutzschirmverfahrens abzielt. Mit der Eigenverwaltung in Form des Schutzschirmverfahrens sieht der Autor die Möglichkeit, eine "vorinsolvenzliche Sanierung" zügiger und erfolgreicher zu beenden als mit den bestehenden Regelungen. Zudem erhalten Gläubiger mehr Handlungsoptionen, die Sanierung gestalterisch zu begleiten. 

Wann ist aber ein Eröffnungstatbestand für eine Insolvenz gegeben? Nach der aktuellen Gesetzgebung erst zu dem Zeitpunkt, wenn eine Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Camek bemängelt die aus seiner Sicht nach wie vor unpräzise Formulierung und schlägt deshalb vor, das Gesetz durch den Begriff "voraussichtlich" zu ergänzen. Jedoch lässt sich dem entgegnen, dass gemäß der Grundsatzentscheidung des BGH vom 24.5.2005 die Zahlungsfähigkeit im Sinne des §17 InsO dann vorliegt, wenn der Schuldner 10 Prozent oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeit länger als drei Wochen nicht erfüllen kann. Insofern hat die Rechtsprechung hier eine Präzisierung vorgenommen. 

Ob der Gesetzgeber das Ziel erreicht hat, das deutsche Insolvenzrecht im internationalen Vergleich wieder wettbewerbsfähiger zu gestalten, ist Gegenstand der Erörterungen des letzten Abschnitts. Der Autor unterbreitet Vorschläge, nach dessen Ansicht das Schutzschirmverfahren zu optimieren wäre. 

Insgesamt eine interessant zu lesende Analyse des Schutzschirmverfahrens im internationalen Rechtsvergleich. 


Details zur Publikation

Autor: Fabian Camek
Seitenanzahl: 199
Verlag: Peter Lang Academy
Erscheinungsort: Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien
Erscheinungsdatum: 2014

RiskNET Rating:

sehr gut Praxisbezug
sehr gut Inhalt
sehr gut Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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