Kann ein Computer wirklich jemals intelligenter sein als ein Mensch? Jerry Kaplan liefert in seinem Buch "Künstliche Intelligenz" (Originaltitel: Jerry Kaplan: Artificial Intelligence. What Everyone Needs To Know. Oxford University Press, 2016) ein klares "Ja” – allerdings vermutlich nur in einem sehr begrenzten Kontext. Und die Google-Tochter DeepMind lieferte vor wenigen Jahren den Beweis. Die KT-Plattform AlphaGo forderte die weltstärksten Go-Spieler heraus. So hat das KI-System den Europameister Fan Hui mit 5 zu 0 Spielen vernichtend geschlagen. Das aus Ostasien stammende Strategiespiel Go zeichnet sich durch einfache Regeln aus, aus denen eine schier unvorstellbare Komplexität resultiert. Die Zahl möglicher Partien auf dem 19 mal 19 Felder großes Brett lässt sich auf 10 hoch 171 abschätzen – was die Anzahl der Atome im Universum übertrifft. Methodisch kombiniert AlphaGo neuronale Netze mit einem MCTS-Suchalgorithmus (Monte Carlo Tree Search).
Bevor das erste KI-System die weltbesten Go-Spieler besiegte, gelang dies bereits viele Jahre zuvor dem von IBM entwickelten Schachcomputer Deep Blue. Das IBM-System hatte im Mai 1997 den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow in einem Wettkampf unter Turnierbedingungen mit 3,5:2,5 Punkten geschlagen. Jedoch handelte es sich bei Deep Blue – anders als bei AlphaGo – um kein lernendes System. Vielmehr hatte Deep Blue Tausende von Meisterpartien analysiert und mit Schachwissen von Großmeister Joel Benjamin optimiert.
Aufgrund der Komplexität von Go gegenüber Schach wäre ein Durchprobieren aller möglichen Züge nicht möglich gewesen. Bereits im Oktober 2017 veröffentlichten die Entwickler von AlphaGo die Ergebnisse der jüngsten Entwicklungsstufe. AlphaGo Zero verfügt über keinerlei Vorwissen über das Spiel, sondern wurde ausschließlich mit den Spielregeln ausgestattet und wurde durch Spiele gegen sich selbst trainiert. Bereits nach drei Tagen war das System besser als die AlphaGo-Version, die Lee Sedol besiegen konnte.
Als Geburtsstunde der Künstlichen Intelligenz als akademisches Fachgebiet gilt in Fachkreisen das Jahr 1956. Das Forschungsprojekt "Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence" wurde ursprünglich von John McCarthy, Marvin Minsky, Nathaniel Rochester, und Claude Shannon am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire initiiert und durchgeführt.
Doch was ist eigentlich Künstliche Intelligenz? Die Antwort auf diese einfache Frage fällt gleich aus zwei Gründen schwer, so der Jerry Kaplan. Erstens gibt es keine einheitliche Meinung darüber, was Intelligenz eigentlich ist. Und zweitens gibt es – zumindest bisher – kaum einen Grund zu glauben, dass Maschinenintelligenz viel mit menschlicher Intelligenz zu tun hat.
Es gibt unterschiedliche Definitionen für den Begriff der Künstlichen Intelligenz (KI), die jeweils eigene Tendenzen aufweisen, aber grob darin übereinstimmen, dass es um die Schaffung von Computerprogrammen oder Maschinen geht, die ein Verhalten an den Tag legen können, das wir als "intelligent" bezeichneten, wenn es einem Menschen zugeschrieben würde, so der Autor.
Fakt ist, dass heute die Künstliche Intelligenz unsere Welt in vielen Bereichen verändert. Jerry Kaplan diskutiert daher in diesem Buch die wichtigsten gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte für die gegenwärtige und zukünftige Bedeutung der Künstlichen Intelligenz. Dabei werden unter anderem die folgenden Fragen diskutiert: Werden Maschinen eines Tages klüger sein als der Mensch? Wie wirken sich lernende, flexible Roboter auf den Arbeitsmarkt aus? Kann man eine Maschine für ihre Handlungen verantwortlich machen?
Fazit: Jerry Kaplan liefert mit seinem Buch eine praxisnahe, kompakte, interdisziplinäre und leicht zugängliche Einführung in die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz.