In Zeiten des Internets, Wikipedia und Google sind Lexika vielerorts den Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen. Aber wer sich zuhause trotz einer voll ausgestatteten Küche ab und an den Besuch in einem guten Restaurant gönnt, wird sicherlich auch die Vorzüge eines von Fachleuten erstellten Standardwerks des deutschsprachigen Rechnungswesens gegenüber Wikipedia & Co. zu schätzen wissen.
Das Lexikon des Rechnungswesens erscheint in seiner 5. Auflage nun 13 Jahre nach der 4. Auflage. In der Zwischenzeit hat sich viel getan, deshalb wurde das Lexikon umfassend aktualisiert und überarbeitet. Gleichzeitig hat sich auch das Herausgeber- und Autorenteam deutlich verändert. Mit Walther Busse von Colbe, Nils Crasselt und Bernhard Pellens hat die fünfte Auflage nun drei Herausgeber. Das Autorenteam hat sich vor allem deutlich verjüngt. Wobei einige "große Namen" (etwa Baetge, Coenenberg) weiterhin vertreten sind. Bei den Praxisvertretern wurde fast vollständig auf neue Autoren gesetzt, darunter sind neben bekannten Wirtschaftsprüfern u.a. auch zwei DAX-Finanzvorstände (Pohlig, Schenck). Das Lexikon greift viele aktuelle Entwicklungen auf:
Internationale Rechnungslegung: In der Neuauflage werden die Regelungen nach HGB und IFRS gleichberechtigt nebeneinander behandelt. Gleichzeitig wurden eine Reihe von Einzelproblemen (beispielsweise Sicherungsbilanzierung, Umsatzrealisation, Stock Options, Immobilien, Impairment Test) neu aufgenommen.
HGB-Bilanzierung: Diverse Änderungen, insbesondere durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz, wurden berücksichtigt. Auch die erst nach Erscheinen der Vorauflage geschaffenen Institutionen DRSC und DPR wurden mit Langstichworten aufgenommen. Neu ist auch das Stichwort zum IDW, wobei das natürlich nicht erst nach Erscheinen der 4. Auflage gegründet wurde. Diese Stichworte wurden übrigens jeweils von hochrangigen Vertretern der Institutionen geschrieben, wie beispielsweise durch Herrn Meyer als scheidenden DPR-Chef.
Angrenzende Themen wie Corporate Governance, Risikomanagement und Insolvenzprognose wurden verstärkt aufgenommen, um der intensiven Verzahnung zwischen dem Rechnungswesen und diesen Disziplinen Rechnung zu tragen. Neu sind u.a. folgende Langstichworte: Corporate Governance, Risikomanagement, Value at Risk, Rating, Solvenztest, Überschuldung.
Internes Rechnungswesen: Neu berücksichtigt wurde die anglo-amerikanische Sichtweise des internen Rechnungswesens (neues Langstichwort Management Accounting). Deutlich stärker als zuvor wurden die Systeme der Einzel- und Grenzkostenrechnung einbezogen (jeweils neue Langstichworte). Neu sind aber auch die Langstichworte zur Abweichungsanalyse und zur Budgetierung.
Unternehmensbewertung: Hier wurde mit einem neuen, zusammenfassenden Langstichwort, das anders als in der Vorauflage auch Unternemensbewertung heißt, den Entwicklungen seit Mitte der 1990er Jahre (Einfluss anglo-amerikanischer Bewertungsansätze, namentlich die DCF-Methoden; wesentliche Überarbeitung der Bewertungsstandards des IDW) Rechnung getragen. Außerdem wurde die Bewertung von Realoptionen durch ein neues Langstichwort berücksichtigt.
Ebenfalls neu sind die Stichworte zur Entgeltregulierung und zu den Leitsätzen für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP).
Alles in allem also ein Buch, dem zu wünschen ist, dass es auch in Zeiten von Wikipedia & Co. durch von Experten als Autoren verbürgte Qualität am Markt bestehen kann.
Autor der Rezension: Dr. Peter Hager