Auf rund 600 Seiten liefert John C. Hull, Professor an der Joseph L. Rotman School of Management an der Universität Toronto, eine Einführung in das Risikomanagement bei Finanzinstituten. Das Buch soll hierbei sowohl Praktikern als auch Studenten von Nutzen sein und konzentriert sich auf eine breit gefächerte Leserschaft. Hierbei bleibt es nicht aus, dass der Tiefgang und auch die Qualität des Buches sehr stark schwanken. Während beispielsweise die einführenden Kapitel zu Zinsrisiko, Value at Risk sowie zu Finanzinstrumenten als Einführungstexte gelungen sind, können andere Kapitel nur sehr eingeschränkt empfohlen werden. So wird im Kapitel "Versicherungsunternehmen und Altersvorsorge" ausschließlich die US-Perspektive dargestellt. Die Kapitallebensversicherung wird als eine Versicherung gegen Einmalbeitrag beschrieben, was für den europäischen Markt nicht korrekt ist. Im Kapitel Regulierung konzentriert sich der Autor auf den McCarran-Ferguson Act aus dem Jahr 1945. Aktuelle Entwicklungen rund um Solvency II werden weitestgehend ausgeblendet. Aus Sicht des Autors liegt der wesentliche Unterschied zwischen Solvency I und Solvency II darin, dass im neuen Regelwerk eine größere Anzahl von Risiken berücksichtigt wird. Ziel des Projektes ist es vielmehr, die heutigen Solvabilitätsvorschriften (Eigenmittelanforderungen) für Versicherungsunternehmen zu einem konsequent risikoorientierten System der Finanzaufsicht weiterzuentwickeln und europaweit zu harmonisieren. Der Autor hätte entweder auf das Kapitel komplett verzichten sollen oder die Fakten korrekt erarbeiten müssen (vgl. Seite 67 ff. sowie S. 289 ff.).
Im Kapitel "Regulierung, Basel II, Solvency II" werden einige Leser irritiert sein, dass der Autor – in einem Buch mit Erscheinungsjahr 2011 – Basel III in einem kurzen Satz erwähnt und ausführlich die Unterschiede zwischen Basel I und Basel II beschreibt. Insbesondere beim Thema "Regulierung" wirkt das Buch von John C. Hull sehr unstrukturiert, da sich der Leser die einzelnen Aspekte aus unterschiedlichen Kapiteln zusammensuchen muss.
In der aktualisierten 2. Auflage wurden zum einen drei neue Kapitel mit Hintergrundinformationen über Banken Versicherungsunternehmen und Pensionskassen sowie Investmentfonds und Hedgefonds ergänzt. Außerdem werden im Kapitel "ABSs, CDOs und die Kreditkrise von 2007" einige Gründe erläutert, die zur jüngsten Kreditkrise geführt haben. Hier werden die wenigsten Leser neue Erkenntnisse gewinnen. Im neuen Kapitel "Szenarioanalyse und Stresstesting" werden die wesentlichen Grundzüge einer Simulation der Veränderung eines Portfolios bei veränderten Kapitalmarktparametern skizziert.
Was bleibt als Fazit? John Hull liefert mit seinem Buch auf der einen Seite eine rund 600 Seiten starke und leicht verständliche Einführung in das Risikomanagement von Banken. Auf der anderen Seite wirkt das Buch in einigen Teilen unstrukturiert und oberflächig. So überzeugen beispielsweise die Kapitel "Regulierung, Basel II, Solvency II" bzw. "Fehler beim Risikomanagement" nicht. Außerdem verspricht der Untertitel des Buches "Banken, Versicherungen und andere Finanzinstitutionen" mehr als der Inhalt bietet, da etwa die Spezifika des Risikomanagements bei Versicherungen (insbesondere hinsichtlich versicherungstechnischer Risiken) komplett ausgeblendet werden. Wer jedoch eine gut lesbare und allgemein gehaltene Einführung in das Risk Management bei Banken sucht und sich mit Statistik und Mathematik nicht tiefgehend beschäftigen möchte, wird aus dem Buch einen Nutzen ziehen können.
Rezension von Frank Romeike
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